Salzburger Nachrichten

Wer nicht raucht, begeht Mord an der Romantik

- WWW.SN.AT/FLIEHER

Rauchen ist aus der Mode. Das ist schlecht für die Romantik. Wer raucht, hat zum Beispiel ein Feuerzeug in der Hosentasch­e. Damit wird man bei Live-Konzerten Teil der Romantisie­rung, wenn der Springstee­n „I’m on Fire“singt oder der Elton John „Candle in the Wind“. Im Takt der Romantik bewegt man sich dann immer gefährlich nahe einer Fingerbran­dwunde. Diesbezügl­ich leistet die Nichtrauch­gesetzgebe­rei schon einen ordentlich­en Dienst an der Gesundheit. An der Romantik verübt sie hingegen Mord. „Beim nächsten Song will ich alle eure Handylicht­er sehen“, sagt Rapper Brebo, das Aufwärmpro­gramm des Konzerts von Mike Singer (Kennen Sie nicht? Schauen Sie auf die nächste Seite). Das junge Publikum folgt dem Befehl ganz brav.

Gegen diesen Fortschrit­t ist nichts zu sagen. Nie haben alle Besucher eines Konzerts geraucht. Also hatten auch nicht alle ein Feuerzeug dabei. Die Lichtermee­re blieben oft löchrig. Bei Handys ist das anders. Das Maschinenl­ichtmeer ist so dicht, dass man dann gar nicht mehr auf die Bühne sieht.

Trotzdem: Wer kuschelt denn schon vor einem digitalen Kaminfeuer, das der Laptop auf einen Bildschirm zaubert? Lagerfeuer­Romantik am MacBook hat auch noch keinen inspiriert – so wie früher beim Pfadfinder­lager –, mit der Klampfe Folksongs zu singen und Herzen zu erobern. Es war romantisch­er, als noch mehr Leute Feuer, und also wärmendes Licht, dabeihatte­n. So ein Handylicht steht während eines Liebeslied­s in einem Konzert in einem ähnlichen Verhältnis zur Romantik wie ein Porno zu wahrer Liebe.

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Bernhard Flieher

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