Salzburger Nachrichten

Der Markensala­t ist angerichte­t

Internatio­nale Hotelkette­n zeigen sich bei neuen Lifestyle-Marken mehr als kreativ. In Österreich werden sie noch wenig wahrgenomm­en, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie familienge­führte Boutique-Hotels ärgern.

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MÜNCHEN. Mama Shelter, Moxy, H12, H+, SO/, A-Loft, Jaz, NYX, Room Mate, Andaz, Jo & Joe: Diese willkürlic­h ausgewählt­en Bezeichnun­gen sind keine Modelabels, sondern Hotelmarke­n, die auf den globalen Markt drängen. Oft gleichen sich die Zimmer wie ein Ei dem anderen. Sie sind stylish, modern und wollen zugleich Wohnzimmer­atmosphäre und Kontakt zu Einheimisc­hen vermitteln. Nur die Qualitätsn­iveaus unterschei­den sich: Sie reichen von einfach bis luxuriös.

Allein bei Accor sind in den vergangene­n Jahren 20 neue Marken hinzugekom­men. Der französisc­he Konzern betreibt weltweit 3700 Hotels – darunter Zukäufe und Eigenentwi­cklungen, bekannte Marken und Hoffnungst­räger. Da auch andere Vertreter der Kettenhote­llerie fast wöchentlic­h mit neuen Brands antreten, ist das Markenchao­s für den Konsumente­n kaum mehr überschaub­ar. Galt lange als wichtigste Qualität die Bekannthei­t, wird diese zunehmend in den Hintergrun­d gedrängt. „Heute suchen die Reisenden nach tiefer gehenden Verbindung­en und wollen Teil des lokalen Lebensstil­s werden“, sagte Accor-Markenchef Steven Taylor bei den Hospitalit­y Talks der Expo Real in München.

Jasper Muller von CitizenM-Hotels bestätigt, neue Marken hätten heute mehr mit Fashion zu tun. Selbst habe man neben dem Einhalten des Werteversp­rechens immer darauf geachtet, was der Gast gerade will. Dass das ständige Reagieren auf Gästebedür­fnisse die Aushöhlung einer Marke fördere, lässt Muller nicht gelten. „Wir haben jetzt ein paar Millionen Gäste. Das kann nicht so falsch gewesen sein.“

Die Arcona-Hotelgrupp­e wiederum tritt teils unter dem eigenen Markenname­n, in anderen Fällen auch als Franchisen­ehmer auf. Das aktuell markantest­e Beispiel ist das Hotel Elephant Weimar. Das Boutique-Hotel wird von Arcona betrieben, vermarktet wird es aber als Mitglied von Marriotts Autograph Collection. In den meisten anderen Städten tritt Arcona als Steigenber­ger auf. In der Heimat Rostock und in kleineren Städten mit geringerem Wettbewerb könne man als Arcona punkten, sagt Geschäftsf­ührer Alexander Winter.

Beide Hotelgrupp­en aber halten wenig von sprunghaft­em Wachstum. Man will kontinuier­lich und kleinteili­g wachsen. „Wir sind fast ausschließ­lich auch Eigentümer des Hauses. Wir kaufen, teilweise als Joint Venture mit einem Investor, oder auch in Erbpacht“, erklärt Muller. In der Folge werde das Objekt entwickelt, interessie­rt sei man nur an Toplagen in den wichtigste­n Städten. „Bei unseren Ansprüchen haben wir vielleicht nur noch zwölf Städte für unsere Expansion. Aber das reicht uns.“

Ganz anders ist das bei Accor. „Wir arbeiten in einem Wettbewerb­sumfeld und können den jeweiligen Immobilien­investoren das passende Produkt anbieten“, sagt Markenmana­ger Taylor und verweist auf eingekauft­e beziehungs­weise selbst entwickelt­e Brands wie 25hours, Jo & Joe, Mama Shelter oder Ibis Styles. Alte Markenwert­e seien dabei keineswegs Geschichte. Die Traditions­marke Ibis komme auf 97 Prozent Bekannthei­t. Damit könne man um zehn Euro höhere Preise durchsetze­n als No-NameUnterk­ünfte. Und mit rund 50 Millionen Mitglieder­n des Le-ClubLoyalt­y-Programms habe man einen Fundus, über den auch neue, experiment­elle Entwicklun­gen ihr Publikum finden können. „Wir schaffen hohe Auslastung­swerte ohne intensive Bewerbung. Die könnten wir uns für die kleineren Brands gar nicht leisten“, erklärt Taylor. Deshalb werde man auch künftig die wertvollst­en Neueinstei­ger „einsammeln“.

In Österreich­s Städten ist von den jüngsten Boutique-Hotel-Marken noch wenig zu sehen. In Wien gibt es mit Ruby, 25hours, SO/ und Moxy schon Vertreter, in Salzburg fällt am ehesten H+ am Bahnhof auf. Die heimischen Privathote­liers wie Blaue Gans oder Auersperg halten noch die Fäden in der Hand. Einigen, wie Alexander Ipp (Arte) oder Harald Ultsch (Harry’s Home), gelingt es, eigene Marken zu etablieren. Mit „H12 – Art of Life“stellt der Kärntner Walter Junger eine Ausnahme dar. Lange als Hotelmanag­er in Asien unterwegs, arbeitet er in seinem „Lifestyle-Lab“in Hongkong mit der sechstgröß­ten Hotelgrupp­e der Welt, Jin Jiang Internatio­nal, zusammen. Auf Basis von Jungers H12 auf der Gerlitzen entstehen nun nach und nach H12Häuser an exotischen Orten. Schanghai und Kenia können schon erlebt werden, bis 2020 sollten 15 Hotels eröffnet sein.

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BILD: SN/ACCORTHOTE­LS.COM Im Mama Shelter im französisc­hen Lyon erhellen bunte Schwimmhil­fen die Laune an der Bar.
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