Bullen streben nach Perfektion
Nach der Gala gegen Rosenborg Trondheim ist Red Bull Salzburg in der Europa League weiterhin makellos. Dennoch übt man sich in Selbstkritik. Das hat einen guten Grund.
SALZBURG. 20.639 Zuschauer waren aus dem Häuschen. Drei Tore und ein hochverdienter Sieg gegen Norwegens Rekordmeister Rosenborg Trondheim rissen das Publikum in der Red-Bull-Arena regelrecht von ihren Schalensitzen. Erst gab es die Welle, am Ende Standing Ovations für eine Salzburger Leistung, die das Fußballschauen zu einer einzigen Freude machte.
Munas Dabbur per Kopf (34.) und Elfmeter (59.) sowie Youngster Hannes Wolf (53.) nach einem sehenswerten Dribbling und einem scharfen Schuss durch die Beine von Rosenborg-Keeper André Hansen machten mit ihren Toren den 3:0Heimerfolg der Bullen am Donnerstagabend perfekt. Red Bull Salzburg steht nach drei Spieltagen und ebenso vielen Siegen mit der Maximalpunktezahl an der Tabellenspitze in Gruppe B – und damit bereits mit einem Bein in der K.-o.-Phase der Europa League.
Alles eitel Wonne also im BullenLager, könnte man meinen. Nicht ganz! Überraschend selbstkritisch zeigte sich Salzburgs Erfolgstrainer Marco Rose in der „Nachspielzeit“bei den Pressekonferenzen nach dem Match und am Freitag, die thematisch schon auf das nächste Ligaspiel am Sonntag (17 Uhr) beim LASK ausgerichtet war. „In letzter Zeit ist viel gelobt worden, auch von meiner Seite, und das völlig zu Recht. Aber man muss auch Dinge ansprechen, wenn sie nicht so gut sind“, sagte Rose und erntete fra- gende Blicke. Immerhin eilt seine Mannschaft von Rekord zu Rekord und ist in der Red-Bull-Arena mittlerweile seit 51 Pflichtspielen ungeschlagen. „Es ist kein Jammern, ich will nur nicht, dass Mechanismen einsetzen, die wir nicht wollen“, erklärte der Trainer. Seine Spieler forderte er deshalb während der Halbzeitpause in einer Kabinenansprache zu mehr Wachsamkeit auf – trotz 1:0-Führung. „Wir haben nicht so verteidigt, wie wir uns das wünschen. Auch das Gegenpressing hat nicht so funktioniert“, sagte Rose, der – bei allem gebührenden Respekt für den Gegner – auch betonte, dass Rosenborg am Donnerstag in einer Verfassung auftrat, „in der wir sie einfach schlagen mussten“. Die Norweger hätten nicht das ausgestrahlt, was man sich von einem Europacup-Teilnehmer erwarten dürfe.
So weit wird es bei den Salzburgern niemals kommen. Zu groß ist die Demut im Erfolg, zu ausgeprägt das Streben nach Perfektion. Was der Trainer anspricht, verstehen seine gelehrigen Schüler keineswegs als Kritik. Der 19-jährige Hannes Wolf etwa pflichtete Marco Rose sogar bei: „Wir haben im Moment einen Lauf, es war aber ein hartes Stück Arbeit. Auf dem Platz hat es sich nicht selbstverständlich angefühlt, dass wir überlegen sind. In der Halbzeitpause haben wir besprochen, gegen den Ball konsequenter zu arbeiten. Es war nicht unser bestes Spiel, wir können das besser.“
Wer das nach dem ersten Europa-League-Treffer seiner vielversprechenden Karriere und einem letztlich ganz und gar souveränen 3:0 sagt, der verfolgt größere Ziele, als „nur“die Gruppe zu gewinnen. Perfekte Bullen könnten es weit bringen. Zumindest bis ins Halbfinale wie in der vergangenen Saison. Oder warum nicht sogar ins Finale?