Dialog der Religionen
Zum Leserbrief „Der absolutistische Anspruch des Islam“von D.I. Dr. med. Hans Finder (SN vom 20. 10.):
Es ist wahr, die monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam erheben den absoluten Wahrheitsanspruch aufgrund ihrer Offenbarungen „göttlichen Ursprungs“und versichern ihren jeweiligen Angehörigen, auf dem einzig richtigen, dem allerbesten Weg zu sein. Das ist nicht neu, daran ist an sich nichts falsch oder gefährlich. Buchstabentreue Glaubensbekenntnisse sollten niemanden abschrecken oder „entsetzen“. Sie sind auch nicht abwertend oder gar vernichtend gegenüber Andersgläubigen gemeint, so wie Sie es in Ihrer Sorge nach der Begegnung mit einem Mitglied der bosnischen Community befürchten. Ich denke, auch Sie gehen den einzigartigen Weg Ihrer Weltanschauung überzeugt und auskunftsfreudig und im Wissen, mit keinem glühenden Bekenner eines anderen Weges tauschen zu müssen oder anderen Ihre Weltsicht ungebeten aufdrängen zu sollen.
Und da ist der springende Punkt, auf den es an- kommt, wenn uns am friedlichen Miteinander gelegen ist. Im Bewusstsein, dass Vielheit und Verschiedenheit in der Welt der religiösen Bekenntnisse zutiefst berechtigt und wohl auch gott-gewollt sind und sich religiöse Ernsthaftigkeit im mit-menschlichen Verhalten und der Bereitschaft, geistig zu wachsen und zu lernen, be-wahrheitet, drängt sich geradezu die absolute Notwendigkeit eines anspruchsvollen, kultur- und konfessionsübergreifenden Kommunikationsstils, den wir schlicht Dialog nennen, auf.
Die Grundlagenschrift des Islam, der Koran, gibt in Sure 49 Vers 13 und 5/48 Auskunft über den Wert des EinanderKennenlernens und des Wetteiferns um die guten Dinge. Eingedenk der gewalttätigen Konflikte um politische und religiöse Überlegenheit und Macht in Geschichte und Gegenwart wird deutlich, dass letztlich kein zukunftstauglicher, heil- und friedensstiftender Weg am respektvollen, geduldigen und oft auch mühsamen, jedoch auf jeden Fall lohnenden Dialog der Religionen und Kulturen vorbeigeht.
Im Dialog erweitert sich der allgemeine Erkenntnishorizont und es erübrigen sich meist vorschnelle, düstere Zuschreibungen und Prognosen über die Wirkung und Absicht anderer Leute Bekenntnisse. Petra Buchner