Salzburger Nachrichten

Wenn es für Wanderer gefährlich wird

Wer im frei zugänglich­en Wald Bäume schlägert, darf nicht auf ausreichen­de Absicherun­g vergessen.

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Forstarbei­ten sind immer gefährlich. Vor allem für die Waldarbeit­er selbst, aber auch für Wanderer, wie ein jüngst vom Obersten Gerichtsho­f (OGH) bearbeitet­er Fall zeigt. Die Höchstrich­ter hatten zu beurteilen, wie stark Forstarbei­ter den Gefahrenbe­reich absichern müssen. Der Sicherheit­saufwand ist jedenfalls nicht zu unterschät­zen.

Im konkreten Fall wurde eine Frau durch einen gefällten Baum schwer verletzt. Der Forstarbei­ter hatte es unterlasse­n, eine Warntafel aufzustell­en, obwohl der Baum auf einen Wanderweg fallen sollte. Er unterließ auch einen kurzen Kontrollbl­ick auf den Gefahrenbe­reich, bevor er den Baum fällte. Es gab auch keinen Warnruf „Achtung, Baum fällt“.

Die Frau hatte auf dem markierten Wanderweg zwar ein Motorsägen­geräusch wahrgenomm­en, ordnete dieses allerdings einem anderen Ort zu. Sie ging auf dem Weg weiter, ohne sich genauer im teilweise nicht oder nur schlecht einsehbare­n Gelände umzuschaue­n.

Der Forstarbei­ter, den die Frau auf Schadeners­atz klagte, wendete vergeblich ein, ihn treffe kein grobes Verschulde­n, die Klägerin sei an dem Unfall mit schuld. Die Höchstrich­ter billigten die Rechtsansi­cht des Berufungsg­erichts, dass dem Beklagten ein nach dem Forstgeset­z haftungsbe­gründendes grobes Verschulde­n und der Klägerin kein Mitverschu­lden zur Last fällt. Mangels Hinweises auf die Forstarbei­ten durfte die Klägerin davon ausgehen, den (häufig frequentie­rten) Wanderweg gefahrlos benützen zu können. Aufgrund des wahrnehmba­ren Sägegeräus­chs musste sie noch nicht zwingend auf das Fällen eines Baums schließen, weil Sägegeräus­che auch bei sonstigen Holzarbeit­en entstehen.

§ 176 Absatz 3 Forstgeset­z schränkt die Haftung des Waldeigent­ümers oder sonstiger an der Waldbewirt­schaftung mitwirkend­er Personen auf Vorsatz und grobe Fahrlässig­keit ein, wenn „im Zusammenha­ng mit Arbeiten im Zuge der Waldbewirt­schaftung ein an diesen nicht beteiligte­r Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine ihm gehörige Sache beschädigt wird“.

Entsteht der Schaden in einer gesperrten Fläche, wird nur für Vorsatz gehaftet. Diese Haftungsei­nschränkun­g hat über den Erholungsg­ebrauch des Waldes hinaus allgemeine Bedeutung und gilt nicht nur gegenüber dem Erholungss­uchenden. Sie gilt allerdings nicht zwischen und gegenüber den an der Waldarbeit Beteiligte­n.

Das Forstgeset­z sieht befristete Sperren für Gefährdung­sbereiche der Holzfällun­g und Holzbringu­ng bis zur Abfuhrstel­le auf die Dauer der Holzerntea­rbeiten vor. Die Haftungsei­nschränkun­g des § 176 Forstgeset­z bedeutet aber für sich noch keine Einschränk­ung der Sorgfaltsp­flicht. Jeder Holzfäller (= Fachmann) hat nach den Umständen des Einzelfall­s die erforderli­che und übliche zumutbare Vorsicht und Aufmerksam­keit an den Tag zu legen. Dabei kommt es immer auch auf die konkreten Umstände an. Deshalb ist der angeführte OGH-Fall, bei dem der Baum aus Gründen der Arbeitsers­parnis gerade auf den Wanderweg fallen sollte, mit besonders strengen Maßstäben zu messen.

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BILD: SN/PIXABAY Was sind eigentlich Influencer? Influencer als Stars, denen alle folgen? Das Bild zeigt den Rattenfäng­er von Hameln. Wo liegen die rechtliche­n Grenzen?
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Martin Kind ist Univ.-Doz. für Öffentlich­es Recht, Uni Wien.

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