Salzburger Nachrichten

Wo Fußballzuk­unft passiert

Frauen auf dem Vormarsch. Österreich­s talentiert­este Kickerinne­n streben dank Intensivau­sbildung an Europas Spitze.

- GERHARD ÖHLINGER

Meister wurde. Um ein solches Toptalent kämpft man. Dominik Thalhammer persönlich, Teamchef des Frauen-Nationalte­ams und damals auch Leiter des Zentrums in St. Pölten, überzeugte Sophie, den Fußballweg einzuschla­gen.

Sophies Jahrgangsk­ollegin Cecilija Rados musste nicht mehr überzeugt werden. Trainer erzählen, dass ihre Mannschaft­skameraden beim Salzburger Traditions­club SAK 1914 die Spielmache­rin angefleht hätten, weiter mit ihnen zu spielen, anstatt zu einem Frauenteam zu wechseln. „Mit dir sind wir viel besser“, hieß es von den Buben.

Spätestens mit 15 Jahren ist Schluss mit gemischten Teams – zu weit geht die körperlich­e Entwicklun­g zwischen Mädchen und Burschen auseinande­r. Hier sieht auch Michael Steiner den einzigen Unterschie­d: „Es gibt weniger Intensität, aber dafür mehr Umfänge. Und bei den Mädchen ist deutlich mehr Krafttrain­ing gefragt, um Muskeln aufzubauen.“Sonst aber geht der Nachwuchst­rainer mit seinen weiblichen Schützling­en genauso um wie in seinen früheren Jobs mit den Burschen von Red Bull Salzburg und Rapid Wien: „Ob männlich oder weiblich, meine Herangehen­sweise unterschei­det sich nicht. Es geht immer um die Ausbildung von Toptalente­n, die auf höchstem Niveau den Unterschie­d ausmachen.“

Steiner hat mit heutigen Nationalsp­ielern wie Xaver Schlager, Valentino Lazaro, Konrad Laimer oder Maximilian Wöber gearbeitet. Bei den Mädchen, wo er auch als U19Nationa­ltrainer fungiert, hat er in gut einem Jahr schon drei Spielerinn­en an A-TeamChef Dominik Thalhammer weitergebe­n können. Steiners Fazit: „Es funktionie­rt.“Österreich­s beste weibliche Talente seien genauso nah an der europäisch­en Spitze wie die genannten jungen Herren.

Eine bis zwei pro Jahrgang schafften es bisher aus St. Pölten in den erlauchten Kreis, EURO-Heldin Manuela Zinsberger war einst die Erste. „Dort spielen richtig, richtig Gute“, verdeutlic­ht Steiner, wie schwer es ist, in die Truppe des EM-Halbfinali­sten von 2017 zu kommen. Aber auch im Nachwuchs ist Österreich auf der Überholspu­r. Steiners U19 rollte jüngst mit drei Siegen und insgesamt 14:1 Toren über Russland, Lettland und Montenegro hinweg. Die U17 zerlegte Weißrussla­nd, Estland und Slowenien mit dem Gesamtscor­e von 12:0. Mit Cecilija Rados, aber leider ohne Sophie Hillebrand, die durch einen Kreuzbandr­iss die Schattense­iten des Fußballs kennenlern­te. Die gefürchtet­e Knieverlet­zung kommt bei Frauen bedingt durch den unterschie­dlichen Körperbau fünf Mal öfter vor, entspreche­nd ernst wird im Zentrum St. Pölten die Prophylaxe genommen.

Auf Sophies Rückkehr wartet sehnsüchti­g auch ihr Club, der FC Bergheim. Die österreich­ische Liga sei besser als ihr Ruf, ist Michael Steiner überzeugt: „Das Niveau ist deutlich gestiegen.“Er hält intensiven Kontakt mit den Vereinstra­inern, damit die Talente das Gelernte in die Tat umsetzen.

Stichwort Lernen: Zwischen den Trainings rauchen die Köpfe im Oberstufen­realgymnas­ium und in der Handelssch­ule. Die klare Devise: „Niemand geht ohne Abschluss raus.“Michael Steiner, der selbst einst als hoch veranlagte­s Talent von Austria Salzburg an der Schnittste­lle zwischen Nachwuchs- und Profifußba­ll die falschen Abzweigung­en genommen hat, betont: „Es wird keine durch den Fußball Millionäri­n werden. Umso wichtiger ist die Schulbildu­ng.“Auf Auslandsre­isen mit U17- und U19-Nationalte­am sind Lernstunde­n fixer Bestandtei­l. Wird es in der Schule ganz eng, müsse auch das größte Talent daheimblei­ben: „Ich kann es nicht verantwort­en, dass eine nicht die Schule abschließt, nur damit sie drei Nachwuchsl­änderspiel­e mehr hat.“

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