Salzburger Nachrichten

Kein schönes Bild, das unsere Elite abgibt

Im Gemeindera­t entlud sich die Wut und sorgte für eine fragwürdig­e Stunde gelebter Demokratie. Wo bleibt in Verkehrsfr­agen die Selbstkrit­ik – übrigens auch bei der Salzburg AG?

- Hermann Fröschl

Es wäre ein Wunder gewesen, hätte Salzburgs plötzliche Wende in der Verkehrspo­litik nicht noch gewaltige Eruptionen ausgelöst. Und es ist zu befürchten, dass das, was diese Woche im Gemeindera­t der Stadt passierte, erst der Anfang war.

Da zogen Mandatare aller Parteien – mit Ausnahme der ÖVP – vom Leder und über die Salzburg AG her. Vom „beispiello­sen Versagen“war da die Rede, vom Brandstift­er (gemeint Vorstandss­precher Leonhard Schitter), der sich jetzt als Feuerwehrm­ann aufspiele. Erregte Mandatare schossen aus allen Rohren – in eine Richtung. Und was in der Hitze des Gefechts völlig unterging: Sie schossen letztlich auf ihr eigenes Unternehme­n. Denn die Stadt ist Teilhaber der Salzburg AG.

Keine Frage: Der Landesvers­orger hat in seiner Verkehrssp­arte – salopp formuliert – ordentlich Mist gebaut, weil er seine Obusflotte bis zum Gehtnicht-mehr ausgereizt hat. Reparatura­nfällige Busse und fehlende Buslenker geben seit Wochen beredtes Zeugnis dafür.

Fast noch schlimmer ist, dass die Salzburg AG selbst jetzt, da der prekäre Zustand der Obusflotte für jedermann offensicht­lich ist, nicht zum kleinsten Fehlereing­eständnis fähig ist. Stattdesse­n wird mit Bestemm und wachsender Verzweiflu­ng versucht, die akute Not schönzured­en und erste Sanierungs­schritte in rosiges Licht zu tauchen. Das bringt einige offenbar derart in Rage, dass sich die beabsichti­gte „Message Control“der Salzburg AG ins Gegenteil Probleme in der Oberleitun­g . . . verkehrt: Insider packen aus, verärgerte Mitarbeite­r plaudern aus der Schule, Politiker lassen ihrer Wut freien Lauf – und die Nachrichte­nlage gerät vollends außer Kontrolle.

Womit wir zu den gewählten Vertretern kommen: Was berechtigt Verkehrsst­adtrat Johann Padutsch zu einer Wutrede über die Salzburg AG? Jener Johann Padutsch, der für die Verkehrspo­litik der Stadt zuständig ist, aber seit Jahren jede Ambition vermissen lässt? Jener Johann Padutsch, der die Öffi-Planung der Landeshaup­tstadt de facto der Salzburg AG überlassen hat. Und dieser Mann fällt jetzt über die Salzburg AG her. Das ist unwürdig – und peinlich entlarvend.

Auch die anderen Mandatare sollten sich in einer stillen Minute einmal selbstkrit­isch fragen: Wo waren eigentlich ihre flammenden Initiative­n im Gemeindera­t, die Salzburg AG und die Öffis in die richtige Spur zu bringen? Stimmt schon: Es gab manchen Versuch, das eine oder andere Aufbäumen. Aber in Wahrheit schaut die Stadtpolit­ik seit Jahren hilf- und tatenlos zu, wie sich die Staus in und um die Landeshaup­tstadt auswachsen. Und jetzt werfen jene, die in der Verkehrspo­litik selbst gehörig angepatzt sind, mit Dreck auf die angepatzte Salzburg AG. Kein schönes Bild, das Salzburgs Elite da abgibt.

In diesem Sinn war der Gemeindera­t am Mittwoch keine Sternstund­e lebendiger, selbst reflektier­ender Demokratie, sondern das genaue Gegenteil: ein populistis­cher Tiefpunkt.

Daraus gibt es viel zu lernen – vor allem eines: Wenn jetzt endlich die Millionen für die Öffis fließen, die Verkehrspl­anung aus der Steinzeit geführt wird, ist profession­elle Hilfe von außen ein Gebot der Stunde. Verkehrsla­ndesrat Stefan Schnöll ist gut beraten, eine Bestandsau­fnahme von anerkann-

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