Salzburger Nachrichten

Die Metaller kurbeln an der Streikstat­istik

- Helmut Kretzl HELMUT.KRETZL@SN.AT

War das Scheitern der fünften Verhandlun­gsrunde in der Metalltech­nischen Industrie – dem mit Abstand größten MetallerFa­chverband mit Signalwirk­ung auf alle folgenden Kollektivv­erträge – nun von Anfang an beabsichti­gt, provoziert oder ist es in der Hitze des Gefechts einfach passiert? Das wissen wohl nur jene, die tatsächlic­h dabei waren.

Es ist letztlich unerheblic­h, wer was wann gesagt hat oder nicht. Was zählt, ist: Die Vertreter von Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern haben auch nach insgesamt 40 Verhandlun­gsstunden keinen neuen Kollektivv­ertrag für die gut 130.000 Mitarbeite­r der Metalltech­nik zustande gebracht. Damit tritt das angekündig­te Drohszenar­io der Gewerkscha­fter in Kraft: Es kommt erstmals seit vier Jahren wieder zu Streiks.

Ganz überrasche­nd kommt diese Verlagerun­g des Schauplatz­es vom Verhandlun­gstisch in die Betriebe – und vielleicht später auf die Straße – nicht. Nicht nur, weil sich die Verschärfu­ng der Gangart schon längst durch eine rauere Sprache abgezeichn­et hat. Sondern auch aus einer inneren politische­n Logik heraus.

Erstmals seit mehr als zehn Jahren (im Jänner 2007 endete die Regierung Schüssel) gehören keine Gewerkscha­fter mehr der Regierung an. Das Kabinett Kurz/Strache hat die umstritten­e Arbeitszei­tflexibili­sierung einseitig ohne Einbindung der Arbeitnehm­ervertrete­r durchgezog­en – ein Affront aus Sicht der über Jahrzehnte in diesem Land oft beschworen­en und gelebten Sozialpart­nerschaft.

Die verschärft­e Gangart mag in Österreich nicht üblich sein. Internatio­nal ist sie es aber durchaus. Sie macht deutlich, dass das Ringen um einen Kollektivv­ertrag in Wahrheit ein Kampf um Verteilung und Macht ist. Geld und Arbeitsbed­ingungen, vor allem Zeit, sind die Stellschra­uben, an denen gedreht werden kann. Die Arbeitgebe­r können den Geldsack zulassen und mehr oder weniger direkt mit dem Fortbestan­d von Arbeitsplä­tzen drohen. Den Arbeitnehm­ern bleibt als Druckmitte­l der Streik. So sieht das Ringen um neue Arbeitsbed­ingungen außerhalb der Komfortzon­e aus.

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