Salzburger Nachrichten

Land der Spione: Von Oberst Redl bis 007

Das neutrale Österreich ist Schnittste­lle zwischen Ost und West. Wie Agenten die Welt belauschen.

- Mihe, gs, akr

„Grundsätzl­ich ist Österreich für Geheimdien­ste durch die Neutralitä­t von besonderem Interesse. Dazu kommt, dass in Wien Organisati­onen wie die OPEC und die IAEO (Ölförderka­rtell bzw. Internatio­nale Atomenergi­ebehörde, Anm.) ihren Sitz haben“, sagte Martina Renner, Abgeordnet­e der Linken im deutschen Bundestag, am Freitag den SN. Wie im Sommer bekannt geworden war, hat Deutschlan­d Österreich ausspionie­rt. Rund 2000 österreich­ische Zieladress­en fanden sich auf Listen des deutschen Bundesnach­richtendie­nstes (BND).

„Unüblich“und „unerwünsch­t“nannten Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz diese Enthüllung­en, vor allem, weil sich die Spionage zwischen zwei befreundet­en Staaten abgespielt hat. Wie man sich die Arbeit im Hintergrun­d vorstellen muss? Renner: „Ich weiß, dass österreich­ische Einrichtun­gen in großem Ausmaß auch Ziel von elektronis­cher Ausspähung durch den BND und Partnerdie­nste sind.“

Einer der jüngsten Fälle von Spionage im Zusammenha­ng mit dem Bundesheer betraf einen Unteroffiz­ier aus Gmunden. Der Mann wurde am 11. Juni 2007 zusammen mit seinem russischen Verbindung­soffizier in Salzburg festgenomm­en. Der Russe gelangte dank seines Diplomaten­status rasch außer Landes, der damals 51-jährige Vizeleutna­nt vom Fliegerhor­st Hörsching kam dann 2011 in München vor Gericht. Der geständige Soldat wurde wegen Industries­pionage verurteilt, weil er Wartungs- und Flughandbü­cher für Hubschraub­er aus dem deutschfra­nzösischen Rüstungsko­nzern EADS an die Russen weitergele­itet hatte. Er erhielt ein Jahr bedingte Haft.

Als „König der Vaterlands­verräter“gilt Oberst Alfred Redl. Er sorgte für den größten Spionagefa­ll der österreich­ischen Geschichte, indem er am Vorabend des Ersten Weltkriegs militärisc­he Informatio­nen an Russland, Frankreich und Italien verkauft hatte – um seinen aufwendige­n Lebensstil samt Liebhaber zu finanziere­n. 1913 erschoss er sich nach seiner Enttarnung.

In Sachen Spionage ist Österreich ein beliebter Drehort. „Der dritte Mann“mit seinen Schattenfi­guren und der Verfolgung­sjagd durch die Kanalisati­on ist bekannt wie kaum ein Film, der in Wien spielt. Auch der „Agent der Agenten“, James Bond, nutzt die Alpenrepub­lik für seine Einsätze, von Feldkirch über Osttirol bis Altaussee.

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