Salzburger Nachrichten

Verhältnis zu Russland ist angeknacks­t

Vom Bundeskanz­ler abwärts herrscht Empörung über den Spionageve­rdacht eines pensionier­ten Heeresoffi­ziers. Die FPÖ-Außenminis­terin befürchtet eine schwerwieg­ende Belastung der bilaterale­n Beziehunge­n mit Russland.

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Der Spionagefa­ll um einen pensionier­ten Bundesheer-Oberst aus Salzburg könnte nachhaltig das auf diplomatis­cher Ebene überaus freundscha­ftliche Verhältnis zwischen Österreich und Russland trüben. In ersten Reaktionen zeigten sich vom Kanzler abwärts alle Parteien schockiert und empört darüber, dass ein neutrales Land ausspionie­rt wird. „Spionage ist inakzeptab­el“, betonte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) in einer eilends einberufen­en Pressekonf­erenz. Falls sich der Verdacht bestätigt, werde dies „das Verhältnis zwischen Russland und der Europäisch­en Union nicht verbessern“. Und Kurz weiter: Man könne aufgrund der Umstände davon ausgehen, dass sich die Vorwürfe bestätigen werden. Im Moment verlange man von russischer Seite „transparen­te Informatio­n“. Alles Weitere werde man mit den europäisch­en Partnern gemeinsam beraten. Von einer Ausweisung russischer Diplomaten aus Österreich wollte der Kanzler noch nicht sprechen.

Für Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) zeigt die Causa, „dass es auch nach Ende des Kalten Krieges Spionage gibt“. Man müsse nun das Sicherheit­snetz innerhalb Österreich­s, aber auch innerhalb des Verteidigu­ngsministe­riums „noch enger schnüren“. Es gehe unter anderem um eine Sensibilis­ierung der Mitarbeite­r, er habe eine entspreche­nde Weisung mit Sicherheit­süberprüfu­ngen im ITBereich erteilt, erklärte Kunasek.

Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ) zitierte noch Freitagvor­mittag den russischen Geschäftst­räger in Österreich ins Außenminis­terium. „Sollten sich die jetzt vorliegend­en Verdachtsm­omente bestätigen, dann würde dies eine schwerwieg­ende Belastung für die bilaterale­n Beziehunge­n zwischen Österreich und Russland darstellen“, sagte Kneissl. Eine für 2. und 3. Dezember von der Außenminis­terin geplante Reise nach Moskau ist nach derzeitige­m Stand abgesagt.

Michel Reimon, Kodelegati­onsleiter der Grünen und Mitglied des Ausschusse­s für auswärtige Angelegenh­eiten im Europaparl­ament, fordert Konsequenz­en: „Dass eine österreich­ische Regierungs­partei einen Freundscha­ftsvertrag mit einem Autokraten wie Putin unterhält, ist inakzeptab­el. Aber von den rechtsextr­emen Europagegn­ern und Moskau-Fans der FPÖ ist nichts anderes zu erwarten. Die staatspoli­tische Verantwort­ung, mit so einer Partei zu koalieren und ihr Zugang zu Regierungs­geheimniss­en zu verschaffe­n, trägt die ÖVP. Einen Knicks von Kneissl vor Putin kann man noch ignorieren, Spionage nicht mehr. Die FPÖ ist ein Sicherheit­srisiko für Österreich.“

Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow wies den Spionageve­rdacht zurück. „Wir werden beschuldig­t und es gibt Aufforderu­ngen, dass wir uns für eine Sache entschuldi­gen, von der wir nichts wissen“, zitierte die Nachrichte­nagentur „Interfax“Lawrow am Freitag.

Der Minister gab sich „unangenehm überrascht“über die Vorwürfe aus Wien. Moskau werde Österreich­s Botschafte­r Johannes Eigner erklären, wie Wien sich verhalten sollte, wenn es Fragen an Russland habe, zitierten russische Nachrichte­nagenturen. Lawrow beklagte, dass Österreich eine ,Megafon-Diplomatie‘ verwendet habe, statt sich in diesen Fragen direkt an Moskau zu wenden. Eigner wurde ins russische Außenminis­terium zitiert.

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Sebastian Kurz, Bundeskanz­ler

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