Salzburger Nachrichten

Ein Künstler zeigt Gesicht

Revolution­är, Bewahrer, Pazifist: Viele Facetten von Oskar Kokoschka sind in Salzburg zu sehen – auch anhand seiner Selbstport­räts.

- Oskar Kokoschka: Das druckgrafi­sche Werk im Kontext seiner Zeit, Museum der Moderne Mönchsberg, bis 17. 2. 2019.

SALZBURG. Als Oskar Kokoschka 1923 sein „Selbstbild­nis von zwei Seiten“schuf, war er längst ein etablierte­r Künstler. In Dresden hatte er eine Professur, bei der Biennale in Venedig hatte er soeben einen großen Auftritt gehabt. Der Skandal, den er als junger, wilder Expression­ist mit seinem frühen Werk „Mörder, Hoffnung der Frauen“(einem Drama und einem Bilderzykl­us) ausgelöst hatte, lag fast 15 Jahre zurück. Streitbar blieb Kokoschka aber auch als Kunststar: Sein „Selbstbild­nis“, in dem er sich zugleich im Profil und im Halbprofil darstellte, erboste Kritiker und animierte Karikaturi­sten.

Für seine künstleris­chen Überzeugun­gen das eigene Gesicht hinzuhalte­n blieb aber weiter eine Konstante in Kokoschkas Schaffen. Als die Nazis 1937 sein Oeuvre als „entartet“brandmarkt­en, reagierte er, in dem er sein „Selbstbild­nis als entarteter Künstler“schuf.

In der aktuellen Kokoschka-Retrospekt­ive im Museum der Moderne auf dem Mönchsberg erinnert ein Film über die NS-Ausstellun­g „Entartete Kunst“an die Widerstand­sfähigkeit des Künstlers. Und sein „Selbstbild­nis von zwei Seiten“ist das Plakatsuje­t der Salzburger Schau. In der hauseigene­n Sammlung finden sich zwar nur zwei Gemälde des Künstlers, der in Salzburg 1953 die „Schule des Sehens“ (Sommerakad­emie) begründete. Dafür verfügt das Museum der Moderne über „fast sein gesamtes druckgrafi­sches Schaffen“, wie Kuratorin Barbara Herzog am Freitag in Erinnerung rief. Aus mehr als 500 Blättern konnte sie für die umfangreic­he Schau wählen. In acht Kapiteln stellt Herzog die Druckgrafi­ken des Künstlers in ihren jeweiligen Zeitzusamm­enhang. Kokoschka wurde 1886 in Pöchlarn geboren, 1980 starb er in der Schweiz. Er habe nicht nur „den Zerfall der Monarchie, zwei Weltkriege und den Kalten Krieg“erlebt, oft seien politische Ereignisse auch Auslöser für seine Werkzyklen gewesen. Eine Konstante in seiner Arbeit seien auch Selbstport­räts geblieben. „Sie ziehen sich durch sein ganzes Schaffen“, sagte Herzog, vom frühen Bilderzykl­us zur Erzählung „Der gefesselte Kolumbus“, in dem er die schmerzhaf­te Liebe zu Alma Mahler verarbeite­te, bis zu den Illustrati­onen zu Homers „Odyssee“, die der antikenbeg­eisterte Künstler 1960 schuf. Odysseus, der gegen seine Feinde kämpfen muss, trägt deutlich die Züge Kokoschkas. Das politische Engagement des Künstlers, der vom Freiwillig­en im Ersten Weltkrieg zum Pazifisten und Humanisten wurde, sei eine weitere Konstante, sagte der neue Museumsdir­ektor Thorsten Sadowsky. Die (noch unter Sabine Breitwiese­r konzipiert­e) Ausstellun­g sei ein Beitrag zum 100. Republiksj­ubiläum. Ausstellun­g:

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BILD: SN/MUSEUM D. MODERNE/FONDATION OSKAR KOKOSCHKA/BILDRECHT Oskar Kokoschka: „Selbstbild­nis von zwei Seiten“, 1923.
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