Salzburger Nachrichten

Ein Justizmini­ster muss gehen und die Anleger sind high

Dass die Demokraten das Repräsenta­ntenhaus unter ihre Kontrolle bringen, lässt Präsident Trump nicht in den Blues verfallen.

- WWW.SN.AT/WIENS

Es heißt ja, man müsse die Feste feiern, wie sie fallen. Donald Trump ließ sich nach dem „gewaltigen Sieg“, wie er den Ausgang der Kongresswa­hlen bezeichnet­e, damit nicht viel Zeit. Noch ganz im Siegestaum­el gönnte er sich zur Feier des erfolgreic­hen Tages die Entlassung eines unliebsame­n Ministers und verspeiste tags darauf einen ebenso verhassten Journalist­en.

Nach gängiger Lesart musste Justizmini­ster Jeff Sessions gehen, weil er sich in den Ermittlung­en der Russland-Affäre als befangen erklärt hatte, was Trump als Illoyalitä­t auslegte. Doch die Reaktionen auf den Finanzmärk­ten lassen auch eine andere Interpreta­tion zu. Als bekannt wurde, dass Sessions sein Amt verliert, hoben die Aktien der US-Marihuana-Unternehme­n zu Höhenflüge­n an. Sessions war bekannt für seine harte Haltung bezüglich der bundesweit­en Legalisier­ung der Droge, 2015 sagte er bei einer Anhörung im Kongress dazu: „Gute Menschen rauchen kein Marihuana.“

Nun gilt Trump zwar als News-Junkie seines bevorzugte­n Senders Fox, aber auch als abstinent, was den Genuss von Alkohol und Tabak anlangt. Wie er es mit anderen Drogen hält, ist nicht überliefer­t. Die politische­n Kapriolen, die er schlägt, und vor allem seine Art zu kommunizie­ren ließen den Verdacht zu, er putsche sich gelegentli­ch auf. Doch enge Mitarbeite­r versichern, Trump schaffe das ohne jegliche Hilfsmitte­l, die sein Bewusstsei­n erweitern.

Sei es, wie es sei. Dass er Sessions abzieht, ist ein perfides und trickreich­es Manöver von Trump, um den Demokraten zu schaden. Denn die Legalisier­ung „weicher“Drogen ist ein Thema der Linken in den USA. Trump beginnt also schon am Tag eins nach dem Verlust des Repräsenta­ntenhauses damit, den Demokraten in die Parade zu fahren. Er wartet gar nicht erst ab, ob sie auf ihn zukommen werden, um gemeinsam politische Vorhaben durchzubri­ngen, die im Interesse des ganzen Landes liegen.

Möglicherw­eise hat Trump auch der Brief eines Marihuana-Unternehme­rs aufgerütte­lt. Der erreichte ihn drei Wochen vor der Wahl, nachdem Kanada als zweites Land Marihuana legalisier­te. Darin wies Derek Peterson darauf hin, dass die von ihm vertretene Branche eine Million Jobs für US-Bürger schaffe und Milliarden an Steuereinn­ahmen bringe. Da klingelte es bei Trump, „America first“müsse nicht nur für Trucks, sondern fortan auch für Drugs gelten.

Wenn er so weitermach­t, kommt er am Ende noch drauf, dass Medicare doch keine so üble Idee ist und man Steuerrefo­rmen so machen kann, dass nicht nur Reiche, sondern auch blue-collar worker profitiere­n. Dann könnten die Demokraten statt der Welle in Blau (ihrer Parteifarb­e) ein blaues Wunder erleben. Falls die Wähler nicht erkennen, dass ihnen ihr Präsident das Blaue vom Himmel verspricht.

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Richard Wiens

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