Dracula und die Folgen
ICHbin ein Angsthase. Nicht generell, aber insbesondere, wenn es um Krimis, Horrorfilme und Ähnliches geht. Die Mystery-Serie „Dark“kann ich etwa nur ansehen, wenn ich nicht allein zu Hause bin. Schon die Titelmusik von Soap&Skin versetzt mich in höchste Alarmbereitschaft, bei manchen Ausflügen in die dunklen Höhlenwelten muss ich meinen Blick abwenden. Ist eine Folge zu Ende, überprüfe ich, ob die Eingangs- und Balkontüren wohl versperrt sind. Und was knackst da im Bad so verdächtig?
Für diese übertriebene Furchtsamkeit ist meine Deutschlehrerin in der Volksschule mitverantwortlich. Sie las einst den versammelten Siebenjährigen aus Bram Stokers Roman „Dracula“vor. Mit dunkler Stimme und unheilschwangerer Gestik. Ein Mitschüler erleichterte sich angstbedingt im Klassenzimmer, ich stellte mir die Umtriebe des Blutsaugers bildmächtig in Gedanken vor. Worauf eine Zeit lang jeder Gang in den Keller zur persönlichen Mutprobe wurde. Dass ich in jungen Jahren die TV-Sendung „Aktenzeichen XY“schauen durfte, trug nicht zur Verbesserung meines subjektiven Sicherheitsgefühls bei. Dieses „muffige Grusical für Spießer“(Heinrich Böll) bediente die Urängste. „An diesem kalten Wintertag machte Herr Friedrich eine grausige Entdeckung.“Ich zog die Bettdecke vor die Augen, um dann doch seitlich am Textil vorbeizulugen. Das, was abstößt, zieht eben auch an.
Geht es um Filme, deren Zweck die Gruselerzeugung ist, liegt bei mir die Latte sehr niedrig. „Das Schweigen der Lämmer“ist für mich das höchste der erträglichen Angstgefühle, wiewohl ich von den 118 Filmminuten im Kino geschätzte 38 Minuten nicht gesehen, sondern auf den Boden gestarrt habe. Selbst so manche „Tatort“-Folge wird mir zu viel, „Hawaii Five-0“ist meistens erträglich, keine Probleme hatte ich weiland mit „Derrick“, „Der Alte“oder „Kommissar Rex“. Ganz schlimm hingegen: Filme, in denen sich Horrorclowns, der Leibhaftige, der Gehörnte oder gar Zombies tummeln. Was andere amüsiert, schockiert mich. „Denk daran, dass die Dinge auf der Leinwand nicht echt sind.“Ja, ja. Oft gehört, bringt aber gar nichts. Die urplötzlich auftauchende Fratze von Killer Bob aus „Twin Peaks“bewirkt bei mir auch in der sechsten Wiederholung ein Herzschlagstakkato.
Mit Rationalität kommt man gegen die Angstgefühle nicht an. Denken Sie nur an die unzähligen Katzenvideos, in denen die Vierbeiner beim Anblick von Gurken (!) in Panik flüchten. Ein Gemüse erschreckt Tiere, die ausgewachsenen Vögel den Garaus machen können, fast zu Tode. Nicht nur deshalb liebe ich Katzen.