Einen Tag lang friedlich vereint
Beim Weltkriegsgedenken in Paris warnte Präsident Macron vor Nationalismus. Sein Appell: Hoffnungen zusammenführen, statt Ängste gegeneinander auszuspielen.
Das Gedenken an 100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs führte die politischen Machthaber der Welt einen Tag lang friedlich in Paris zusammen. Im Bild begrüßen USFirst-Lady Melania Trump und Donald Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Höhepunkt der Feierlichkeiten mit knapp 70 Staats- und Regierungschefs beim Triumphbogen war die Rede von Emmanuel Macron. Der französische Präsident warnte vor einer Rückkehr „alter Dämonen“in der internationalen Politik und forderte Zusammenarbeit statt neuer Nationalismen. „Ich wünsche, dass wir unser ewiges Versprechen erneuern, unsere Toten zu ehren, den Frieden über alles zu stellen – weil wir den Preis dafür kennen“, so Macron.
„Lasst uns unsere Hoffnungen zusammenführen, statt unsere Ängste gegeneinander auszuspielen.“Diesen Appell richtete Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Sonntag an die aus Anlass des hundertsten Jahrestags des Endes des Ersten Weltkriegs in Paris versammelten Führer der freien Welt. Bei der zentralen Gedenkzeremonie am Triumphbogen in Paris, zu der die Staats- und Regierungschefs aus mehr als 70 Ländern wegen des schlechten Wetters unter einem transparenten Zeltdach Platz genommen hatten, warb Macron für mehr multilaterale Zusammenarbeit und Toleranz zwischen den Staaten. Die alten Dämonen, die zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs und zum Tod von Millionen Menschen geführt hätten, seien heute wieder lebendig, sagte er und warnte vor neuem Nationalismus. Dieser sei das genaue Gegenteil von Patriotismus und ein Verrat am Patriotismus: „Wer sagt, unsere Interessen zuerst, der löscht das Wertvollste aus, was eine Nation haben kann und was eine Nation groß macht, seine moralischen Werte.“
Die Worte Macrons wurden von Beobachtern als offene Kritik an US-Präsident Donald Trump verstanden, der mit dem Slogan „America first“(Amerika zuerst) viele wichtige Entscheidungen seiner bisherigen Amtszeit begründet hat. Trump saß während der Ansprache Macrons in der ersten Reihe neben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, an deren anderer Seite der russische Staatschef Wladimir Putin Platz genommen hatte. Trump nahm die Worte Macrons scheinbar ungerührt zur Kenntnis.
Die Konfrontation zwischen Macron und Trump überschattete vom ersten Tag an die historische Zusammenkunft, die nach den Vorstellungen der Gastgeber unter dem Motto des Kampfs für Frieden und für mehr Zusammenarbeit stehen sollte. Zu einem ersten Schlagabtausch zwischen Trump und Macron war es gleich zum Auftakt gekommen, als Trump am Freitagabend nach seiner Landung in Paris einen Tweet absetzte, in dem er Macrons kürzlich lancierten Vorschlag einer europäischen Verteidigung als „beleidigend“bezeichnete. Macron hatte bei seinem Vorstoß eine Formulierung verwendet, die missverständlich wirken konnte. Er hatte dann am nächsten Tag bei einem 30-minütigen Treffen mit Trump größte Mühe, den grimmig dreinblickenden Gast davon zu überzeugen, dass er nicht beabsichtige, die NATO zu schwächen, und Frankreich ein glaubwürdiger Partner im Bündnis bleiben werde.
Auch im weiteren Verlauf der Feierlichkeiten hielt Trump Distanz zu den übrigen Teilnehmern. Während diese den Weg vom Élysée-Palast zur Gedenkzeremonie am Triumphbogen in Bussen zurücklegten, ließ sich Trump im Konvoi in seiner Präsidentenlimousine über die abgesperrte Avenue des Champs-Élysées chauffieren. Er traf mit Verspätung ein, wie übrigens auch der russische Präsident Putin, begrüßte Merkel und Macron und einige andere mit Handschlag, wandte sich dann aber, kurz bevor der kanadische Premierminister Justin Trudeau zum Händeschütteln dran war, demonstrativ ab. Mit dem Kanadier hatte Trump kürzlich heftigen Streit.
Dem zweiten Teil des Gedenktages, dem Friedensforum, das nach der Zeremonie am Triumphbogen und dem gemeinsamen Essen im Élysée-Palast am Nachmittag in der Großen Halle La Villette im Norden der Hauptstadt stattfand, blieb Trump dann fern.
Das Forum, das von Macron, Merkel und UNO-Generalsekretär António Guterres eröffnet wurde, war angesetzt worden, um den Teilnehmern des Weltkriegsgedenkens Gelegenheit zu geben, Vorschläge für eine Verstärkung der multilateralen Zusammenarbeit auf Gebieten der Entwicklungshilfe und des Kampfs gegen die Klimaerwärmung und die Cyberkriminalität in die internationale Debatte einzubringen. Finanziert wird die Initiative, die in den nächsten Jahren fortgesetzt, aber keine Konkurrenz zur UNO werden soll, durch Zuschüsse privater Geldgeber.
Trump, der schon am Vortag auf den Besuch eines US-Friedhofs in Nordfrankreich verzichten musste, weil sein Helikopter wegen starken Regens nicht abheben konnte, zog den Debatten den Besuch eines amerikanischen Soldatenfriedhofs bei Paris vor.