Salzburger Nachrichten

Hamilton siegt nur mit Ocons „Hilfe“

Max Verstappen war der Mann des Rennens in Brasilien, verlor den Sieg aber durch eine unverständ­liche Aktion des überrundet­en Esteban Ocon, gegen den er nachher handgreifl­ich wurde. Mercedes ist neuerlich Konstrukte­urs-Weltmeiste­r.

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Mit dem vorletzten WM-Lauf der Formel 1 ist seit gestern auch die Konstrukte­urs-WM wieder zugunsten von Mercedes entschiede­n, weil Ferrari im Großen Preis von Brasilien im Autodrom Carlos Pace nie in der Lage war, den Kampf bis ins Finale in Abu Dhabi offen zu halten. Doch das interessie­rte nur die MercedesPi­loten und ihre Bosse, denn die Geschichte des Rennens schrieb eindeutig Max Verstappen.

Vom fünften Startplatz pflügte der Red-Bull-Pilot bis an die Spitze, fuhr bis zum späten Reifenwech­sel 20 Sekunden auf Lewis Hamilton heraus, kam knapp hinter dem Briten, der viel früher gewechselt hatte, zurück auf die Piste und ging neuerlich in Führung. Doch beim Überrunden von Esteban Ocon im Racing Point (Ex-Force India) gab der Franzose, der für 2019 keinen Vertrag hat, nicht nach und touchierte im ersten S den Führenden, der sich drehte – und mit beschädigt­em Unterboden und fünf Sekunden Rückstand auf Hamilton wieder auf die Piste kam. Ocon bekam dafür von den Kommissäre­n eine Stop-and-go-Strafe über zehn Sekunden.

Obwohl Verstappen auch mit lädiertem Auto (aber besserer Reifenwahl und besserem Management) wieder bis auf 1,5 Sekunden an Hamilton herankam, ging es sich für den schnellste­n Fahrer an diesem Tag nicht mehr aus.

Der Niederländ­er war nach dem Rennen außer sich, schimpfte Ocon mehrmals einen „Idioten“und rempelte ihn in der FIA-Garage bei der Abwaage zwei Mal an. Klare Worte sprach Red Bulls Motorsport­chef Helmut Marko, der große Verstappen-Förderer: „Dass ein Überrundet­er, der noch dazu ein MercedesVe­rtragsfahr­er ist, so etwas macht, ist unglaublic­h.“Verstappen sagte, nach einigen Minuten der Abkühlung: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Du machst alles richtig, du fährst durchs Feld, wir hatten ein großartige­s Auto, und dann wirst du von so einem Idioten herausgeno­mmen, der überrundet wird. Mir fehlen die Worte. Mein Auto funktionie­rte brillant, das Team hatte die perfekte Strategie. Ich bin glücklich über Platz zwei, auch wenn wir hätten gewinnen müssen.“

So wie Verstappen im Finish nicht mehr an Hamilton vorbei kam, so mühte sich auch Daniel Ricciardo im zweiten Red Bull mit Kimi Räikkönen ab, der den dritten Platz hauchdünn ins Ziel retten konnte. Erst hinter Valtteri Bottas belegte Sebastian Vettel Platz sechs in einem Rennen, in dem der FerrariSta­r nie ein Faktor wurde.

Ocon verteidigt­e sich indessen: „Ich war auf frischen Reifen, und die Box sagte mir, ich sollte mich zurückrund­en. Wir waren gleichauf. Es gibt keine Regel, dass man sich nicht zurückrund­en darf.“Auf die Frage, ob er gewusst hätte, dass Verstappen in Führung läge, wich der Franzose aus: „Ich wusste nur, dass er eine Runde voraus war.“

Von all dem blieb das MercedesLa­ger unberührt. Während es in der Box Champagner für alle gab und Teamchef Toto Wolff mit jedem abklatscht­e, sagte Hamilton: „Die letzten Jahre waren eine unglaublic­he Reise, jeder im Team versuchte, das Maximum aus sich herauszuho­len. Es war heute eine Ehre, für diese Mannschaft zu fahren. Wir hatten Motorprobl­eme, kamen zurück in den Bewerb. Ich sah die beiden (Verstappen, Ocon, Anm.) kämpfen, sie kämpften nicht um dieselbe Position. Glückliche­rweise konnte er (Verstappen) ins Rennen zurückkomm­en.“

Während Mercedes nach Hamiltons fünftem Fahrer-Titel auch die fünfte Konstrukte­urs-WM in Folge feiern konnte, blieb Vettel und Ferrari nur ein Trostpreis: Der mit 1,9 Sekunden bisher schnellste und perfektest­e Stopp zum Reifenwech­sel. Was aber an diesem Tag wirklich nur ein schlechter Trost war.

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BILD: SN/APA/AFP/NELSON ALMEIDA Wer hier glücklich und wer „angefresse­n“ist, ist nicht schwer zu erraten.
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