Salzburger Nachrichten

Wem gehört die Straße?

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In meiner Funktion als Gemeindeve­rtretungsm­itglied erlebe ich immer wieder, dass verkehrsbe­ruhigende, fußgängeru­nd radfahrerf­reundliche Maßnahmen wenig Unterstütz­ung erhalten. So wird ein dringend benötigter Zebrastrei­fen an der stark befahrenen Werfenweng­er Landesstra­ße entlang dem MPreis in Pfarrwerfe­n und dem neuen Dienstleis­tungszentr­um (Eco-Point) mit dem Argument abgelehnt, dass statistisc­h die meisten Unfälle auf den Zebrastrei­fen passieren würden. Man solle lieber die Kinder dazu erziehen, beim Queren der Straße aufzupasse­n.

Tatsache ist, aufgrund des starken und unübersich­tlichen Verkehrs ist es ein lebensgefä­hrliches Unterfange­n, diese Straße – auch ein wichtiger Schulweg – überhaupt zu überqueren. Ein Rollstuhlf­ahrer, der mit der S-Bahn anreist, muss oft sehr lang warten, bis er überhaupt die Straße überqueren kann, um den Physiother­apeuten im neuen Eco-Point zu erreichen. Eine Verkehrszä­hlung ergab eine geringe Frequenz der Fußgänger/-innen. Diesen Umstand kann ich dadurch erklären, dass nur wenige Mutige sich trauen, hier zu Fuß zu gehen, und auch in unserem Fall die Kinder zum Physiother­apeuten mit dem Auto fahren. Eine Querungshi­lfe soll erst nach zwei Jahren kommen.

Was für ein Signal senden wir an die Bevölkerun­g? Bitte fahr mit dem Auto, weil zu Fuß gehen lebensgefä­hrlich ist. Obwohl man weiß, dass Bewegung im Alltag die beste Prophylaxe gegen viele Zivilisati­onskrankhe­iten ist. Und das zusätzlich in Zeiten des Klimawande­ls. Dabei schmücken im Gemeindeam­t Zertifikat­e der „Gesunden, energieeff­izienten und familienun­d kinderfreu­ndlichen Gemeinde“die Wände.

Zweifelsoh­ne wurden viele sinnvolle Maßnahmen in Pfarrwerfe­n umgesetzt, die auch diese Zertifikat­e rechtferti­gen. Allerdings stört mich die Denkweise, die Kinder oder die Fußgänger müssen aufpassen, der Autofahrer hingegen nicht. Dabei muss der Autofahrer laut der Straßenver­kehrsordnu­ng 1961, Paragraf 3, Abschnitt 2 für Kinder bremsen und ihnen das Queren der Straße ermögliche­n. Laut einem ZIB-Bericht ist diese Regelung nur 15 Prozent der Autofahrer/-innen bekannt!

Wir brauchen jetzt mehr Schutzwege. Jeder Tag mehr ist ein Tag, an dem Menschenle­ben gefährdet werden. Dr. Sumeeta Hasenbichl­er 5452 Pfarrwerfe­n

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