Thiems „Endspiel“gegen Federer hat viel Brisanz
Ausgangslage und Taktik sind klar, nur der Liebling der Massen warf in London Fragen auf.
Wenngleich auch bei einer Niederlage noch die theoretische Chance auf das Halbfinale bestehen könnte, so steht bereits Dominic Thiems zweites Gruppenspiel beim ATPTour-Finale heute, Dienstag (21 Uhr), unter dem Motto „Siegen oder Fliegen“. Dass dies auch für seinen Gegner gilt und dieser Roger Federer heißt, macht die Ausgangssituation umso brisanter. Dazu kommt
Christian Mortsch berichtet für die SN aus London
ein Fragezeichen hinter der Fitness des Schweizer Superstars.
Federer hatte zunächst beim 6:7(3), 3:6 gegen Kei Nishikori mit einer schwachen Vorstellung, dann am Montag mit der Absage seines Trainings überrascht. Auch bei der Pressekonferenz war Federer ungewohnt kurz angebunden und sagte nur: „Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal gegen Dominic gespielt habe, und habe mir über das Match auch keine Gedanken gemacht. Ich weiß nur, dass ich besser spielen muss als gegen Nishikori.“
Auf Mutmaßungen, dass Federer nicht fit sei oder womöglich kurzfristig sogar nicht antritt (Ersatzmann wäre Karen Chatschanow), will sich Thiem gar nicht einlassen. „Was wäre, wenn … interessiert mich nicht. Ich gehe davon aus, dass ich gegen Federer spiele, gegen einen besseren Federer als im ersten Match“, sagte der 25-Jährige am Montag nach einer Trainingseinheit, bei der er auf jeden Ball voll durchgezogen hat und klar ersichtlich war, wie er die Taktik anlegt. „Vom ersten Ball weg voll drauf und versuchen, ihn nicht spielen zu lassen.“Dass er beim 3:6, 6:7(10) gegen Kevin Anderson teils zu wenig Risiko genommen habe, war auch die Kritik von Trainer Günter Bresnik.
Thiem ist freilich bewusst, dass er es in der imposanten, mit knapp 18.000 Zuschauern gefüllten O2Arena mit dem mit Abstand größten Publikumsliebling zu tun bekommt. Kein anderer hat eine derart lautstarke Unterstützung und wird so gefeiert wie Federer. Diese teilweise schon an den Davis Cup grenzende Stimmung musste zuletzt auch Novak Djokovic in ParisBercy erleben. „Ein Heimmatch wird es für mich sicher nicht. Aber diese Situation hat jeder, der gegen Roger spielt“, sagt Thiem. Mut könnte Thiem die 2:1-Bilanz im direkten Duell machen, wobei er relativiert: „Unser letztes Match war vor über zwei Jahren, als Federer am absteigenden Ast war. Das kann man mit jetzt nicht vergleichen.“Abhängig vom Ausgang der Nachmittagspartie Anderson gegen Nishikori könnte es für beide bereits ein echtes „Endspiel“sein. „ Und genau mit dieser Einstellung gehe ich ins Match“, sagt Thiem.
Am Montag verbuchte Oliver Marach den ersten rot-weiß-roten Sieg in London. An der Seite des Kroaten Mate Pavic besiegte der AustralianOpen-Sieger Frankreichs Paris-Gewinner Herbert/Mahut 6:4, 7:6(3). Peya wiederum steht mit Nikola Mektic heute (13) gegen Raven Klaasen/Michael Venus (RSA/NZL) wie Thiem bereits unter Siegzwang.