Salzburger Nachrichten

Der Postenscha­cher funktionie­rt auch in Blau

Die Keuschheit­sgelübde sind vergessen. Und es stellt sich heraus: Die FPÖ ist auch nicht anders als die übrigen Parteien.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SN.AT

Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache macht sich Sorgen, dass das vierköpfig­e Direktoriu­m der Nationalba­nk auf drei Direktoren­köpfe verkleiner­t werden könnte. Dann könnten nämlich zwei schwarze Direktoren das einzige blaue Direktoriu­msmitglied überstimme­n und es wäre um den blauen Einfluss geschehen. Um dem befürchtet­en schwarzen Machtstreb­en bei den Währungshü­tern entgegenzu­treten, will Strache daher einen vierten, möglichst blauen Direktor installier­en – aber wie dieses Anliegen sachlich begründen, wenn dieser vierte Mann eigentlich keinen wirklichen Tätigkeits­bereich hat, weil er ja bloß als blauer Politkommi­ssar dienen soll?

Diese Gedankengä­nge, die derzeit den Vizekanzle­r und FPÖ-Obmann beschäftig­en, wurden am Donnerstag durch ein vertraulic­hes SMS publik, das Strache an die falsche Adresse versandte, sodass die Kurznachri­cht den Weg an die Öffentlich­keit fand. Sofortige Empörung bei Neos und SPÖ. Doch erstaunlic­h an Straches SMS ist im Grunde lediglich der Umstand, dass der Vizekanzle­r in dieser heiklen Angelegenh­eit das falsche Knöpfchen seines Handys betätigt hat. Der Inhalt selbst kann nicht verwundern, und vor allem die Fassungslo­sigkeit der SPÖ („übelster Postenscha­cher aufgedeckt!“) wirkt reichlich gekünstelt. Umfärbunge­n nach einem Regierungs­wechsel gehören zum üblen Repertoire der Politik, das weiß die SPÖ am allerbeste­n und das ist beileibe nicht nur in Österreich so. Teilweise sind diese Umfärbunge­n sogar argumentie­rbar. Etwa dann, wenn ein Minister als Eigentümer­vertreter die Aufsichtsr­äte von Unternehme­n in seinem Verantwort­ungsbereic­h mit Personen seines Vertrauens besetzt. Das hält auch die ÖVP so, das hat auch die SPÖ, als sie in der Regierung saß, so gehalten.

Und nun ist es also die FPÖ, die überall dort, wo sie ihre Finger im Spiel hat, Rot raus- und Blau reinzwingt und die sich auch gegen die Übermacht ihres schwarzen Koalitions­partners heftig zur Wehr setzt. Man sieht: Die FPÖ ist, auch wenn sie in ihren Opposition­sjahren reihenweis­e diesbezügl­iche Keuschheit­sgelübde abgelegt hat, nicht anders und vor allem nicht besser als die anderen Parteien. Sie hat ihre langjährig­en Versprechu­ngen, mit dem Postenscha­cher aufzuräume­n, niemals ernst gemeint. Es sollte bloß der rot-schwarze durch einen schwarzbla­uen Postenscha­cher abgelöst werden. Genau das passiert jetzt. Auf eine Welt, in der die staatsnahe­n Jobs ausschließ­lich nach sachlichen Kriterien vergeben werden, müssen wir wohl noch länger warten.

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