Der Postenschacher funktioniert auch in Blau
Die Keuschheitsgelübde sind vergessen. Und es stellt sich heraus: Die FPÖ ist auch nicht anders als die übrigen Parteien.
Vizekanzler Heinz-Christian Strache macht sich Sorgen, dass das vierköpfige Direktorium der Nationalbank auf drei Direktorenköpfe verkleinert werden könnte. Dann könnten nämlich zwei schwarze Direktoren das einzige blaue Direktoriumsmitglied überstimmen und es wäre um den blauen Einfluss geschehen. Um dem befürchteten schwarzen Machtstreben bei den Währungshütern entgegenzutreten, will Strache daher einen vierten, möglichst blauen Direktor installieren – aber wie dieses Anliegen sachlich begründen, wenn dieser vierte Mann eigentlich keinen wirklichen Tätigkeitsbereich hat, weil er ja bloß als blauer Politkommissar dienen soll?
Diese Gedankengänge, die derzeit den Vizekanzler und FPÖ-Obmann beschäftigen, wurden am Donnerstag durch ein vertrauliches SMS publik, das Strache an die falsche Adresse versandte, sodass die Kurznachricht den Weg an die Öffentlichkeit fand. Sofortige Empörung bei Neos und SPÖ. Doch erstaunlich an Straches SMS ist im Grunde lediglich der Umstand, dass der Vizekanzler in dieser heiklen Angelegenheit das falsche Knöpfchen seines Handys betätigt hat. Der Inhalt selbst kann nicht verwundern, und vor allem die Fassungslosigkeit der SPÖ („übelster Postenschacher aufgedeckt!“) wirkt reichlich gekünstelt. Umfärbungen nach einem Regierungswechsel gehören zum üblen Repertoire der Politik, das weiß die SPÖ am allerbesten und das ist beileibe nicht nur in Österreich so. Teilweise sind diese Umfärbungen sogar argumentierbar. Etwa dann, wenn ein Minister als Eigentümervertreter die Aufsichtsräte von Unternehmen in seinem Verantwortungsbereich mit Personen seines Vertrauens besetzt. Das hält auch die ÖVP so, das hat auch die SPÖ, als sie in der Regierung saß, so gehalten.
Und nun ist es also die FPÖ, die überall dort, wo sie ihre Finger im Spiel hat, Rot raus- und Blau reinzwingt und die sich auch gegen die Übermacht ihres schwarzen Koalitionspartners heftig zur Wehr setzt. Man sieht: Die FPÖ ist, auch wenn sie in ihren Oppositionsjahren reihenweise diesbezügliche Keuschheitsgelübde abgelegt hat, nicht anders und vor allem nicht besser als die anderen Parteien. Sie hat ihre langjährigen Versprechungen, mit dem Postenschacher aufzuräumen, niemals ernst gemeint. Es sollte bloß der rot-schwarze durch einen schwarzblauen Postenschacher abgelöst werden. Genau das passiert jetzt. Auf eine Welt, in der die staatsnahen Jobs ausschließlich nach sachlichen Kriterien vergeben werden, müssen wir wohl noch länger warten.