Salzburger Nachrichten

Scheidung auf britisch – und auf 585 Seiten

Die Union und das Vereinigte Königreich gehen in Etappen auseinande­r und mit besonderer Rücksicht auf Irland.

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17 Monate Verhandlun­gen haben zu einem komplexen Scheidungs­vertrag zwischen der EU und Großbritan­nien geführt. Vorausgese­tzt, er hält – vor allem bei der Abstimmung im britischen Parlament im Dezember –, gilt in groben Zügen Folgendes.

Und zwar am 29. März 2019. Von da an entscheide­n sie in der EU nicht mehr mit, sind aber noch an das EU-Regelwerk gebunden, denn sie bleiben im EU-Binnenmark­t und der Zollunion. Für eine Million britischer Bürger, die in der EU leben, und die drei Millionen EU-Bürger in Großbritan­nien sowie für die Wirtschaft dies- und jenseits des Ärmelkanal­s ändert sich de facto noch nichts. Das bleibt zumindest während einer vereinbart­en Übergangsf­rist bis zum 31. 12. 2020 so. Bis dahin wollen Großbritan­nien und die EU ihre zukünftige­n Beziehunge­n vertraglic­h geregelt haben. Während der Übergangsp­hase zahlen die Briten weiter EU-Beiträge. Und es wird eine Abschlussr­echnung gemacht, welche Verpflicht­ungen sie eingegange­n sind und noch erfüllen müssen. Schätzunge­n gehen bis zu 45 Milliarden Euro. Wie gesagt endet die Übergangsf­rist am 31. Dezember 2020. Im Idealfall haben die EU und Großbritan­nien bis dahin ihre künftigen Beziehunge­n vereinbart. In einer eigenen politische­n Absichtser­klärung neben dem Austrittsv­ertrag werden die Ziele für diese künftigen Beziehunge­n umrissen: die „Schaffung eines Freihandel­sgebiets ohne Zölle, Abgaben, Gebühren oder mengenmäßi­ge Beschränku­ngen“und „fairer Wettbewerb“für Finanzdien­stleistung­en. Dazu kommen sollen Vereinbaru­ngen etwa zu Luftverkeh­r, Energie, Fischerei, Verteidigu­ng oder Strafverfo­lgung. Am 1. Juli 2020 will man bewerten, wie weit man mit den Verhandlun­gen gekommen ist.

Entweder hat man a) die künftigen Beziehunge­n ab 1. Jänner 2021 samt der „Irland-Frage“geklärt. Dann sind keine weiteren Manöver nötig. Oder man erkennt b), dass man mehr Zeit braucht. Dann kann die Übergangsp­hase noch einmal verlängert werden. Oder man trennt sich c) ohne geregelte Beziehunge­n. Dann tritt die Garantiekl­ausel für eine offene Grenze auf der irischen Insel in Kraft, der sogenannte Backstop.

Mit dem Ausscheide­n Großbritan­niens aus der EU müssten eigentlich an der Grenze zwischen dem EU-Mitgliedsl­and Irland und der britischen Provinz Nordirland Grenzkontr­ollen stattfinde­n und Zölle eingehoben werden. Das will man aus Rücksicht auf den Frieden auf der irischen Insel auf jeden Fall vermeiden. Daher gibt es folgende Rückfallga­rantie: Ganz Großbritan­nien bleibt in der Zollunion. Es hebt dieselben Zolltarife ein wie die Union, muss sie aber nicht mehr ins EU-Budget zahlen. Für Nordirland gelten darüber hinaus weiterhin Bestimmung­en des EU-Binnenmark­ts. Nordirisch­e Unternehme­n unterliege­n vor allem keinen Beschränku­ngen, wenn sie Produkte nach Irland exportiere­n und umgekehrt.

1. Die Briten treten aus. 2. Die Endabrechn­ung. 3. Stichtag 1. Juli 2020. 4. Drei Optionen nach 2020. 5. Garantie für Irland.

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BILD: SN/AP Der Brexit seitenweis­e.

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