Klimpern auf dem Klavier der Neurosen
WIEN. Vor siebzehn Jahren gab es eine Köchin namens Martha im Kino, die in Sandra Nettelbecks Erfolgsfilm „Bella Martha“gegen die Trauer um ihre Schwester ankochte und dabei eine Ziehtochter und eine neue Liebe geschenkt bekam. Im Film ging die schöne Köchin zu einem Psychotherapeuten, der den Selbstbezichtigungen seiner Patientin mit Engelsgeduld widersprach.
Dieser Therapeut, dort sanft ironische Nebenfigur, hat nun mit „Was uns nicht umbringt“(ab Freitag im Kino) einen eigenen Film bekommen: Max heißt er, gespielt wird er wieder von August Zirner, doch von Berufs wegen ist er so etwas wie eine Nebenfigur geblieben. Max ist hauptberuflich da für seine Patienten, die alle ihre eigenen Dramen erleben: Da ist einer, dessen Liebster im Sterben liegt und der sich nur heimlich auf die Intensivstation schleichen kann, weil die Schwiegerfamilie das Schwulsein ihres Sohnes bis zuletzt leugnen will. Da sind zwei Geschwister, die gemeinsam ein Begräbnisunternehmen führen und ganz unterschiedliche Herangehensweisen an diese Aufgabe haben. Da ist eine Frau, die jeden Streit mit ihrem Partner durch Flucht in ihre Spielsucht kompensiert und sich so erst recht in Abhängigkeit von diesem Mann bringt. Ihnen allen hört Max zu, außerdem seiner Exfrau, seiner Tochter und wer halt sonst noch bei ihm anklingelt. Aber Max hat auch ein eigenes Leben, selbst wenn er das in seiner Eigenschaft als Therapeut eigentlich gar nicht laut sagen darf. Und da passiert es, dass er sich in eine Patientin verliebt, was natürlich seinen Berufsethos komplett auf den Kopf stellt.
„Was uns nicht umbringt“ist ein Ensemblefilm, der gefällig von einer wohltemperierten Neurosenepisode zur nächsten springt. Manche bleiben Splitter, andere wieder sind ausdrucksstarke Minidramen. So richtig schlüssig ist aber nicht, warum einzelne Geschichten auserzählt werden und andere im Ansatz fallen gelassen werden, und der große Handlungsbogen bleibt allzu vorhersehbar. Eine „Bella Martha“ist Nettelbeck hier nicht wieder gelungen. Film: