„Ich habe schon schmunzeln müssen“
Im Prozess gegen die „Staatenbund“-Führungsriege sagten jene Bundesheer-Vertreter aus, die den Bundespräsidenten und Regierungsmitglieder hätten festnehmen sollen. Ist in Österreich ein solcher Putsch überhaupt denkbar?
GRAZ. Als er den Brief des „Staatenbunds“geöffnet und Haftbefehle an Politiker und Richter gesehen habe, habe er „schon schmunzeln“müssen, sagte Othmar Commenda am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht. Der ehemalige Generalstabschef des Österreichischen Bundesheers hat dieses und andere Schreiben sogleich an das Abwehramt übergeben. „Natürlich wäre ich nie auf die Idee gekommen, die Haftbefehle zu exekutieren“, betonte der als Zeuge geladene Militärvertreter. Persönlichen Kontakt zu Vertretern des „Staatenbunds“habe er, Commenda, nie gehabt. 14 führende Mitglieder der Vereinigung müssen sich in Graz, wie berichtet, unter anderem wegen der versuchten Bestimmung zum Hochverrat verantworten. Sie hatten laut Anklage eine Verhaftungswelle sowie die Einsetzung einer militärischen Übergangsregierung in Österreich geplant.
Der pensionierte Generalstabschef sagte, es liege weder in seiner Kompetenz noch in seiner Arbeitsbeschreibung, Leute festzunehmen. Und weiter: Wenn es dem „Staatenbund“gelungen wäre, das Bundesheer zu unterwandern, hätte er es gewusst. Nicht ausschließen könne er aber, dass es im Militär Einzelne gebe, die auch glauben, dass die Republik nicht das richtige System sei. „Ich halte es aber für undenkbar, dass das Militär bei uns putscht“, sagte Commenda. Ob auch ein Putschversuch undenkbar sei, frage der Staatsanwalt nach. Antwort des Zeugen: „Natürlich nicht.“Jeder Soldat habe Zugang zu Waffen und Munition und sei daher gefährlich. Commenda bestätigte auch den Fall eines von einem Auslandseinsatz nach Österreich zurückbeorderten Bundesheer-Angehörigen. Dessen Ideologie habe nicht „jener unseres Staates“entsprochen. Abschließende Frage des Staatsanwalts: „Hätten Sie mit dem Wissen, dass diese Vereinigung über 2600 Leute umfasst, auch über den Brief des Staatenbunds geschmunzelt?“„Wahrscheinlich nicht.“
Ein Kompaniekommandant der Militärpolizei wiederum wurde von der Staatenbund-Gründerin und dem Zweitangeklagten in der Dienststelle besucht. „Informationsgewinnung“sei für ihn das Ziel des Gesprächs gewesen: „Du musst den Feind kennen.“Als er gebeten wurde, die Haftbefehle zu vollstrecken, sagte er zu ihnen: „Wo sperren wir sie ein?“Antwort des „Staatenbund“-Führungsduos: „Im Militärgefängnis.“„Gibt es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.“„Dann in der Justizanstalt Jakomini, die wird auch bald uns gehören“, antwortete die „Staatenbund“Gründerin. Er habe das Gefühl gehabt, der „Staatenbund“wolle das System „von unten her aufmischen“, sagte der Militärpolizist vor Gericht. Anfangs habe man die Leute noch als Belustigung empfunden: „Erst als man in Deutschland von den Reichsbürgern gehört hat, begann man auch bei uns zu schalten: ,Die könnten gefährlich sein.‘“
Wie der Zeuge die Angeklagten – die von ihnen ausgestellten Haftbefehle waren mit neun Herzen dekoriert – eingeschätzt habe? „Anfangs als arme Irre, Spinner. Sie leben in einer eigenen Welt, aber sie stehen zu 100 Prozent zu dem, was sie vertreten.“Und: Es sei sicher möglich, dass jemand „auf diesen verrückten Zug“aufspringe. Der Prozess wird heute, Freitag, fortgesetzt.