Thiem rehabilitiert sich mit „Sieg für die Seele“
Das Halbfinale hat er verpasst, aber das 6:4, 6:1 über Kei Nishikori war mehr wert als Ergebniskosmetik. Thiems Material-Experiment ging auf.
Der erste Sieg im letzten Gruppenspiel war für das ATP-TourFinale offiziell „nur“einer für die Statistik. Für Dominic Thiem aber war er in gleich mehreren Belangen viel mehr wert. Obwohl Roger Federer im Fernduell mit Thiem den Halbfinaleinzug, für den ihm bereits fünf Games gereicht hätten, am Donnerstagabend mit einem 6:4, 6:3 über den schon zuvor qualifizierten Kevin Anderson fixierte, hat sich Österreichs Tennisstar in London mit einem 6:1, 6:4 über Kei Nishikori für die schwache Leistung gegen Federer rehabilitiert.
Mit dem Rücken zur Wand wahrte er damit zumindest für einige Stunden die theoretische Chance auf ein Weiterkommen. Kurioserweise reichte Thiem dafür sogar eine durchschnittliche Leistung für den benötigt glatten Sieg. Denn Nishikori, der zum Auftakt Federer besiegt hatte, schloss nahtlos an seine Leistung beim 0:6, 1:6 gegen Anderson an. Der Japaner fabrizierte bei elf Gewinnschlägen 41 (!) unerzwungene Fehler. Thiems Bilanz war mit 14:21 ebenfalls negativ, dennoch attestierte er sich eine Leistungssteigerung. „Ich wollte mich unbedingt von einer besseren Seite präsentieren und das ist mir gelun- gen“, sagte Thiem noch in der O2Arena. Der Beifall flachte schnell ab, als er sich für das Abendmatch als Anderson-Fan outete: „Tut mir leid für euch, aber ich halte mit aller Kraft zu Kevin“, scherzte Thiem.
Schon da war dem 25-Jährigen aber bewusst, dass es sein letztes Match in diesem Jahr war. „Es wird nicht passieren, dass Roger glatt verliert“, prophezeite er. Wichtiger war ihm ohnehin, dass er mit einer neuen Saite und härterer Bespannung auf das richtige Experiment gesetzt hatte. „Es soll keine Ausrede für das Federer-Match sein, aber es war zum Großteil eine Materialfrage, dass ich mich heute viel besser gefühlt habe und viel mehr Kontrolle hatte“, sagte Thiem. Außer dem funktionierenden Material nimmt er 200 ATP-Punkte und je 180.000 Euro Start- und Preisgeld ins neue Jahr mit. „Dieser Sieg tut meiner Seele sehr gut“, war ihm die Erleichterung anzumerken. Auch, weil er damit seinen Weltranglistenplatz und eine Top-8-Setzung bei den Australian Open sicherstellte.
Am Mittwoch hatte sich Topfavorit Novak Djokovic dank eines 6:4, 6:1 über Alexander Zverev für das Halbfinale qualifiziert. Zverev (gegen John Isner/15 Uhr) und Marin Čilić (gegen Djokovic/21) kämpfen heute im Fernduell um den letzten Platz in der Vorschlussrunde. Ebenso im Doppel (13) Oliver Marach, der es an der Seite von Mate Pavić gegen Łukasz Kubot/Marcelo Melo in eigener Hand hat und auch bei einer Niederlage aufsteigen kann.