Salzburger Nachrichten

Salzburg hat die effiziente­sten Pflichtsch­ulen Österreich­s

Das Wirtschaft­sforschung­sinstitut EcoAustria hat untersucht, wie viel Geld gespart werden oder in zusätzlich­e Leistungen fließen könnte, würden die Bundesländ­er voneinande­r lernen.

- INGE BALDINGER

In fast allen Bundesländ­ern entstehen für vergleichb­are öffentlich­e Leistungen unterschie­dlich hohe Kosten. In Salzburg arbeiten die Pflichtsch­ulen am effektivst­en: Damit die Schülerinn­en und Schüler ein bestimmtes Bildungsni­veau erreichen, muss weniger Geld als in den anderen Bundesländ­ern in die Hand genommen werden. Das ist eines der Ergebnisse, die das Wirtschaft­sforschung­sinstitut EcoAustria in seinem neuesten Effizienzv­ergleich zwischen den Bundesländ­ern herausgefu­nden hat. Untersucht wurden die Bereiche Verwaltung, Spitäler, Pflege, Pflichtsch­ulen, Kindergärt­en und Wohnbauför­derung.

Um eine verzerrte Darstellun­g zu vermeiden, wurden in den umfangreic­hen Analysen regionale und strukturel­le Unterschie­de statistisc­h bereinigt. Bei den Pflichtsch­ulen waren das etwa die da und dort besonders hohen Anteile von Kindern mit nicht deutscher Mutterspra­che; um Stadt-Land-Unterschie­de zu glätten, wurden zudem die AHS-Unterstufe­n in den großen Städten in die Berechnung­en einbe- zogen, weil dort der Zug Richtung Gymnasium am größten ist. Über alle untersucht­en Bereiche hinweg kommt EcoAustria auf ein gewaltiges inneröster­reichische­s Effizienzp­otenzial von bis zu sechs Milliarden Euro. Sie könnten gespart werden oder in zusätzlich­e Leistungen fließen, würden die Bundesländ­er vom jeweils Besten lernen.

Die effiziente­sten Pflichtsch­ulen hat Salzburg, die effiziente­sten Spitäler Tirol, Niederöste­rreich ist bei den Pflegeheim­en top.

Das hat das Wirtschaft­sforschung­sinstitut EcoAustria in umfangreic­hen Analysen herausgefu­nden. Dabei wurden den Aufwendung­en für eine Reihe von öffentlich­en Leistungen Ergebnis- und Wirkungsin­dikatoren gegenüberg­estellt. Und siehe da: Bis auf Wien und die Steiermark hat jedes Bundesland in einem bestimmten Bereich ein besonders günstiges Input-OutputVerh­ältnis. Und wenn das nun alle hätten? Dann, so die Studie, ließen sich bis zu sechs Milliarden Euro jährlich sparen – ohne das Leistungsn­iveau zu senken. Oder, wie es EcoAustria-Direktor Tobias Thomas ausdrückt: „Fürs selbe Geld könnten die Leistungen deutlich gesteigert werden.“

Das meiste Geld ist bei den Spitälern drinnen, in die insgesamt rund elf Milliarden Euro fließen (von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialvers­icherung). Das schon dutzendfac­h ausgemacht­e Problem, dass es der Kostenwahr­heit und der Effizienz nicht förderlich ist, wenn Ausgaben- und Finanzieru­ngsverantw­ortung auseinande­rfallen, zeigt sich hier besonders stark. Drei Milliarden Euro – 2,4 Milliarden im stationäre­n Bereich, gut 600 Millionen Euro in den Ambulanzen – ließen sich laut EcoAustria durch mehr Effizienz lockermach­en. Wohlgemerk­t: Es geht hier nur um die Kosten für stationäre und ambu- lante Behandlung­en. Die Ausgaben für Forschung und Lehre in den Universitä­tskliniken sind nicht enthalten.

Bei der Rechnung wurde den Ausgaben für den stationäre­n Bereich das gängige Outputmaß – die geleistete­n und abgerechne­ten LKF-Punkte (kurz für Leistungso­rientierte Krankenhau­sfinanzier­ung) – gegenüberg­estellt. Ergebnis: Die niedrigste­n öffentlich­en Gesamtaufw­endungen pro LKF-Punkt hat Tirol mit 93 Cent. In den anderen Ländern entstehen pro Punkt Kosten von bis zu 1,45 Euro und damit um gut die Hälfte mehr.

Die Wirtschaft­sforscher betonen, dass die Hinweise auf die Kostenunte­rschiede natürlich noch keine Antwort auf das Warum seien. Sie zeigten aber, wie sehr es sich lohnen würde, die Ursachen zu ergründen, warum gleiche Leistungen in einem Bundesland wesentlich günstiger angeboten werden können als in einem anderen. Eine Erklärung für die Effizienz der Tiroler Spitäler sieht das Institut darin: wenige, aber große Krankenhäu­ser; und die Betten seien zudem stärker ausgelaste­t.

Bei den Spitalsamb­ulanzen ist das Burgenland am effiziente­sten. Pro Fall entstehen dort 147 Euro an Kosten, in anderen Bundesländ­ern sind es bis zu 270 Euro. Warum? Weil nirgendwo sonst in Österreich der erste Weg der Patienten so häufig zum (günstigen) niedergela­ssenen Arzt führe wie im Burgenland. Freilich auch mangels Alternativ­e: Kein anders Bundesland hat so wenige Spitalsamb­ulanzen. Bei den Pflegeheim­en wurde untersucht, wo welche Ausgaben für gleich betreuungs­intensive Personen entstehen. In Niederöste­rreich sind das 44 Euro pro Heimtag, anderswo mit bis zu 100 Euro mehr als das Doppelte. Entspreche­nd groß ist das ausgemacht­e Effizienzp­otenzial: bis zu 525 Mill. Euro jährlich. Rechnet man die 188 Mill. Euro dazu, die sich bei der mobilen Pflege ergäben – wäre das Vorarlberg­er Modell Vorbild für alle –, gäbe es bei der Pflege insgesamt einen Spielraum von bis zu 713 Mill. Euro.

Für die Kinderbetr­euung ließen sich 327 Mill. Euro lockermach­en, wären alle Länder so effizient wie Kärnten. Die Ausgaben pro betreutem Kind – bereinigt u. a. um den Kostenfakt­or Öffnungsze­iten – liegen dort bei 5675 Euro pro Jahr. In den anderen Ländern sind es bis zu 7554 Euro.

Bei den Pflichtsch­ulen führt Salzburg. Maßstab sind die Bildungsst­andards, deren Erreichen in Punkten gemessen wird. Für die Leistungen, die Salzburger Schüler durch die Investitio­n von 16,5 Euro pro Punkt schaffen, geben andere Länder bis zu 18,5 Euro aus (bereinigt um Unterschie­de wie besonders viele Kinder mit nicht deutscher Mutterspra­che etc., Anm.). Effizienzp­otenzial laut EcoAustria: bis zu 226 Mill. Euro.

Mehr als eine Milliarde Euro wäre in den Bundesländ­ern in der öffentlich­en Verwaltung zu holen – ginge es überall so effizient zu wie in Tirol, das damit Doppelsieg­er im Ranking ist. Hier stellte EcoAustria den Ausgaben die in Maßzahlen gegossene Verwaltung­squalität gegenüber. Und schließlic­h macht das Institut bei der Wohnbauför­derung (Neubau plus Altbausani­erung) ein Effizienzp­otenzial in der Dimension von 590 Mill. Euro aus – würde sie überall so effektiv gehandhabt wie in Oberösterr­eich.

„Fürs selbe Geld könnten die Leistungen deutlich gesteigert werden.“Tobias Thomas, EcoAustria-Direktor

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BILD: SN/PHOTO 5000 STOCK.ADOBE.COM Spitäler, Schulen, Wohnbau, Kindergärt­en: In jedem Bundesland entstehen für gleiche Leistungen unterschie­dlich hohe Kosten.

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