Wenn der Hut brennt, kommt das Kopftuchverbot
Die Regierung ist Meisterin im Ablenken. Kaum tauchen Unannehmlichkeiten auf, wird ein neues Thema in die Schlacht geworfen.
Immer, wenn der Hut brennt, schüttelt die Regierung eine politische Maßnahme aus dem Ärmel, von der sie ausgehen kann, dass die Zustimmung in der Bevölkerung groß ist. Im aktuellen Fall dient das Kopftuchverbot in Volksschulen als politische Ablenkungswaffe. Der Vorschlag kommt just in dem Moment, als der Kanzler in Vorarlberg wegen der Abschiebepolitik des Bundes in die Kritik gerät und der Vizekanzler alle Hände voll zu tun hat, seiner eigenen Klientel die geplante Abschaffung oder NichtAbschaffung der Notstandshilfe zu erklären.
Dabei ist inhaltlich gegen ein Kopftuchverbot für Mädchen im Alter von sechs bis zehn Jahren in der Schule nichts einzuwenden. Kein Kind kommt von sich aus auf die Idee, den Kopf zu verhüllen. Es sind in erster Linie streng religiöse Eltern, die als Fahnenträger einer Gegenaufklärung Druck auf die Kinder ausüben, dadurch deren Integration in die Gesellschaft behindern und sie zu Außenseitern und Ausgegrenzten stempeln. Selbst die Opposition kann sich so ein Verbot vorstellen, linke und liberale Gruppen stimmen in dieser Frage ausnahmsweise mit Türkis-Blau überein. Welch seltene Koalition.
Das Argument der wenigen Gegner, auch bei uns hätten Frauen und Mädchen noch vor 40 oder 50 Jahren Kopftuch getragen, verfängt nicht. Erstens ist das lange her, und zweitens waren die Motive nicht die, junge Mädchen angeblich vor den geilen Blicken außer Rand und Band geratener Männer schützen zu müssen. Diese Sicht wird von irregeleiteten Islam-Interpreten vertreten, die damit nicht nur die Frauen entmündigen, sondern gleich alle Männer als triebgesteuerte Zombies verunglimpfen.
Die Anlässe, die nach Ablenkung schreien, häufen sich in letzter Zeit. Da ist Minister Heinz Faßmann, der Österreich im Gegensatz zu Kurz und Strache als Einwanderungsland bezeichnet. Da ist der Spion, der die russenfreundliche Regierung in die Bredouille bringt. Da sind die vielen „Einzelfälle“vom Liederbuch über Hitler-Bilder auf WhatsApp bis hin zu „Kongoaffen“(so die Diktion eines blauen Funktionärs) im französischen Fußballteam, und da sind die BVT-Affäre und die Aufregung um den Zwölf-Stunden-Tag. Von all diesen unangenehmen Themen will die Regierung am liebsten nichts hören. Funktioniert dann auch der hauseigene Veröffentlichungsverhinderungsapparat nicht, dann wird wieder ein Zuckerl für die Allgemeinheit ausgepackt. Und schwuppdiwupp ist die leidige Geschichte aus dem Blickfeld und durch eine „gute“ersetzt. Bis zum nächsten Mal.