O Herzerlbaum, o Herzerlbaum, wie rot sind deine Herzerl!
Wunderbar und vor allem wahr: Eine Weihnachtsgeschichte aus dem Wiener Rathauspark.
Das Jahr neigt sich unaufhaltsam seinem Ende zu, die stillste Zeit im Jahr beginnt (wie jeder Supermarkt-Besucher unschwer an seinem „Jingle Bells“-Tinnitus erkennen kann). Daher möchten auch diese Zeilen es sich zur Aufgabe machen, die schnöde Politik beiseitezulassen und stattdessen besinnliche, das Herz erwärmende Geschichten zu erzählen.
Also, liebe Kinder: Es war einmal ein Herzerlbaum. Er stand im Wiener Rathauspark, breitete seine über und über mit roten Plastikherzerln behängten Zweige schützend über den dort statthabenden Christkindlmarkt aus und sorgte für glänzende Augen bei allen Besuchern – ob jung, ob alt.
Die unglaublich gute Idee, zu Weihnachten eine Platane mit roten Plastikherzerln zu behängen, hatte übrigens nicht die Stadt Wien (die hat ganz andere Ideen), sondern eine private Agentur. In der Fachsprache nennt man das Rote-Herzerl-Outsourcing. Gut.
Viele Jahre lang stand der herzige Herzerlbaum Advent für Advent im Wiener Rathauspark und wuchs allen lieben Wienerinnen und Wienern ans – eh schon wissen. Eines Tages aber wollte die Stadt Wien nicht mehr die private Agentur mit der Beherzung des Herzerlbaumes beauftragen, sondern das selbst erledigen. In der Fachsprache nennt man das RoteHerzerl-Reverstaatlichung.
Da gab es jedoch ein Problem: Die Agentur hatte sich den Herzerlbaum sozusagen patentieren lassen, sodass die Stadt Wien auf ihre Platane plötzlich keine roten Herzerl mehr draufhängen durfte. Da waren die lieben Wienerinnen und Wiener aber traurig!
Es gab viele herzförmige Tränen, und sogar eine öffentliche Petition „Rettet den Herzerlbaum!“wurde gestartet. Vorläufig war aber nichts zu machen und zwei Jahre lang musste Wien völlig ohne Herzerlbaum auskommen. Das waren keine schönen Weihnachten.
Heuer im Herbst zeigte sich endlich ein Silberstreif am Herzizont. Als der Wiener Bürgermeister gefragt wurde, wann die schreckliche, die herzerllose Zeit endlich enden werde, machte er ein o du fröhliches Weihnachtsmanngesicht und sagte aus vollem Herzen: „Lassen Sie sich überraschen!“
Und hast du’s nicht gesehen, brachten die Wiener Gazetten Fotos vom Bürgermeister, wie er im Wiener Rathauspark von einer Hebebühne aus in die Platane beherzt ein rotes Herzerl hängte. Da wussten die lieben Wienerinnen und Wiener: Der Herzerlbaum ist wieder da! Da ging allen das Herzerl auf.
Seht ihr, liebe Kinder: So herzerwärmend und herzeigbar kann Politik sein. Und wenn ihr ganz, ganz brav seid, gibt es vielleicht schon im nächsten Advent aufgrund eines 15aVertrags Herzerlbäume in allen Bundesländern.