Kein Rechtsanspruch auf würdevolles Sterben
Warum die Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich weiterhin ein Schattendasein fristet.
WIEN. Rund 80.000 Menschen sterben pro Jahr in Österreich. Mehr als 13.000 von ihnen werden dabei durch Angehörige oder Pflegepersonal begleitet. Davon betroffen sind Hochbetagte ebenso wie Kleinkinder. 80 Prozent wollen daheim sterben – und das möglichst schmerzfrei. „Das ist leider nicht immer möglich“, sagte Waltraud Klasnic, Vorsitzende des Dachverbands Hospiz Österreich, am Montag. Es gebe einen enormen Bedarf an medizinischer Versorgung und psychosozialer Betreuung. Die Forderungen, die Klasnic gemeinsam mit Caritas, Rotem Kreuz, Diakonie und anderen Hilfsorganisationen stellte, sind nicht neu. Zu allererst fehle es an Geld: Derzeit stehen 150 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. 40 Prozent davon stammen aus Spenden. Um ein flächendeckendes und erschwinglisches Netz aufzubauen, bedürfe es aber 240 Mill. Euro. „Das sind 0,6 Prozent des Gesundheitsbudgets.“
Die heimische Hospizbewegung werde zu einem bedeutenden Teil von ehrenamtlichen Mitarbeitern getragen, ergänzte Rot-Kreuz-Präsident Gerald Schöpfer. Allein im Vorjahr leisteten 3500 Freiwillige insgesamt 400.000 unbezahlte Stunden. Im Gegensatz dazu stehen lediglich 1176 Beschäftigte. Was fehle, sei die Unterstützung von politischer Seite: „In der Regierungserklärung gibt es in puncto Finanzierung ein paar freundliche Worte. Passiert ist aber leider noch nichts“, kritisierte Schöpfer. „Zur Kultur des Lebens gehört auch eine Kultur des Sterbens“, appellierte Caritas-Präsident Michael Landau. Eine professionelle Sterbebegleitung müsse ein „selbstverständlicher Teil der österreichischen Gesundheits- und Pflegeversorgung sein“. Dazu gehöre auch eine „bundesweite Regelfinanzierung“, bekräftigte Landau. Deshalb fordert der Dachverband Rechtsanspruch auf Hospiz- und Palliativversorgung sowie dessen Verankerung im Sozialversicherungsgesetz. In Deutschland sei das bereits seit 2015 Realität.
Laut Rot-Kreuz-Präsident Schöpfer stirbt jeder zweite Mensch in Österreich im Krankenhaus. Hinzu kommen rund 20 Prozent, die ihre letzten Stunden in Pflegeheimen verleben: „Sterben ist die letzte große Herausforderung des Lebens. Darum ist es wichtig, dass die Entscheidung, wie und wo man stirbt, selbstständig getroffen wird – aber nicht allein.“