Trickbetrüger bringen Senioren um Vermögen
Der Weiße Ring beklagt wöchentlich mehrere Fälle, da charmante Täter vertrauensseligen Opfern ihr Erspartes herauslocken. Die Polizei warnt.
WIEN. Betrüger haben einer 84-jährigen Klagenfurterin 35.000 Euro – ihr gesamtes Erspartes – herausgelockt. Eine Frau, die sich als ihre Nichte ausgab, hatte die Pensionistin kontaktiert und eine dringende, finanzielle Notsituation geschildert, wie die Polizei am Montag berichtete. Das Opfer ließ sich in die Irre führen, fuhr per Taxi nach Graz und übergab die Tasche mit dem Geld einem Boten.
Eine 83-jährige Kärntnerin ist von Unbekannten um 40.000 Euro betrogen worden. Sie war von einer Frau angerufen worden, die sich als ihre Schwester ausgab. Diese sagte, dass sie dringend Geld für einen Grundstückskauf in Slowenien brauchen würde. Das Opfer löste daraufhin ein Sparbuch auf, brachte das Geld nach Slowenien und übergab es an einen unbekannten Mann.
Ein oberösterreichischer Pensionist ist um 500.000 Euro betrogen worden. Das Opfer ignorierte alle Warnungen und händigte den Gaunern sein ganzes Erspartes aus. Das Geld ist weg, die Täter auch, teilte die Polizei mit.
Meldungen dieser Art häufen sich. Trotz aller Warnungen der Polizei fallen immer öfter betagte Menschen auf falsche Polizisten bzw. den sogenannten Neffentrick herein. Dabei geben sich Täter als Verwandte in einer Notlage aus. Udo Jesionek, Präsident der Verbrechensopferhilfeorganisation Weißer Ring, spricht von einer verhängnisvollen Mischung: „Die Verbrecher sind sympathisch und charmant, die Opfer vertrauensselig. Sogar meine Nachbarin wäre fast in die Falle getappt.“Er berichtet von einer Seniorin, die neben Bargeld sogar ihren ganzen Schmuck versetzt habe, um „helfen“zu können. Die Entwicklung sei dramatisch, Fälle dieser Art nähmen stark zu. „Fast jeden Tag, mindestens zwei bis drei Mal pro Woche, werden wir mit neuen Fällen konfrontiert“, erklärt Jesionek. Das sei nur die Spitze des Eisbergs – „die Leute sind oft schwer traumatisiert und trauen sich nicht einmal, Anzeige zu erstatten; die Dunkelziffer ist hoch“.
Dazu komme, dass der Weiße Ring bei Vermögensdelikten nur beschränkt helfen könne. „Wir bieten Gespräche und psychologische Hilfe an. Den Schaden können wir nicht ersetzen. Es ist furchtbar, das Verbrechensopfergesetz sieht dafür keinen Ersatz vor“, sagt Jesionek.
Die Exekutive setzt auf Prävention und will Banken und diverse öffentliche Einrichtungen sensibilisieren. Erst jüngst hat die Polizei Wien einen Präventionsfilm produziert, um auf diese Gefahr hinzuweisen und wichtige Verhaltenstipps zu geben. „Die Polizei ruft niemals bei Angehörigen an und fordert Geld, geschweige denn kommt sie zu Privatpersonen nach Hause, um Geld oder Wertgegenstände abzuholen“, warnt das Bundeskriminalamt (BK) vor Kautionsbetrügern.
Und weiter: „Lassen Sie niemanden in Ihr Haus oder Ihre Wohnung, den Sie nicht kennen. Verwenden Sie zur Kontaktaufnahme die Gegensprechanlage oder die Türsicherungskette.“Wichtig für die Ermittlungen sei zudem, sich sofort nach einem verdächtigen Anruf oder Hausbesuch zu melden. „Oft werden Betrugshandlungen erst Stunden später polizeilich angezeigt.“
Laut BK-Sprecher Vincenz Kriegs-Au gehörten Betrügereien an Senioren statistisch gesehen nicht zu den häufigen Verbrechen. Von 2013 bis 2017 stünden bei den Straftaten an Menschen mit 65 Jahren und älter an der Spitze Körperverletzungen, gefolgt von gefährlicher Drohung, Raub, Nötigung und beharrlicher Verfolgung.
„Die Opfer sind oft schwer traumatisiert.“