Salzburger Nachrichten

Schon geht es in die nächste Runde

Nach den Metallern geht es im Handel um höhere Löhne – unter schwierige­n Vorzeichen.

- Steuern die Metaller das gesamte Lohngefüge?

WIEN. Zu hoch, zu niedrig, gerade richtig? Am Tag nach dem erfolgreic­hen Abschluss der Kollektivv­ertragsver­handlungen in der metalltech­nischen Industrie stellt sich die Frage, wie das Ergebnis einzuordne­n ist. Und was es für andere Branchen bedeuten kann, etwa den Handel, wo heute, Dienstag, die dritte Runde der Gespräche über einen Kollektivv­ertrag stattfinde­t.

Der Chefverhan­dler der Gewerkscha­ft Pro-Ge, Rainer Wimmer, bezeichnet den Abschluss bei den Metallern als tolle Geschichte. Christian Knill, Obmann des Fachverban­ds FMTI, spricht von einem verdienten Abschluss für die 130.000 Arbeitnehm­er in der von ihm vertretene­n Branche, der sei allerdings „am oberen Limit“.

Da sei etwas dran, sagt Ökonom Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS). Wenn man den Blick nach vorn richte und in Betracht ziehe, dass sich die wirtschaft­lichen Aussichten etwas eintrüben, „dann ist der Abschluss ziemlich hoch“. Blicke man auf zwei Jahre Hochkonjun­ktur in der Branche zurück, dann sei das Lohnplus von rund 3,5 Prozent in Ordnung. Generell halte er sich beim Beurtei- len von Lohnabschl­üssen an die Regel: „Die Verhandler müssen es am besten wissen, die kennen alle relevanten Daten.“Dass der Disput über das Arbeitszei­tgesetz diesmal die KV-Verhandlun­gen prägte, sei insofern bemerkensw­ert, als man gerade in der Metallindu­strie in dieser Frage „ohnehin schon sehr weit ist“, sagt Hofer. Aber die Gewerkscha­ft habe demonstrie­ren wollen, „dass sie in dieser Frage mit am Tisch sitzt“, auch wenn die Regierung die Sozialpart­ner in dieser Frage nicht eingebunde­n habe.

Grundsätzl­ich sei die Gewerkscha­ft in der Arbeitszei­tfrage aber gespalten, sagt Hofer. Einerseits trete sie für Arbeitszei­tverkürzun­g und höhere Steuern ein, um diese zu finanziere­n. Anderersei­ts müsse sie in KV-Verhandlun­gen um hohe Zuschläge für Mehrarbeit kämpfen. Das decke sich aber ohnehin mit den Interessen der Arbeitnehm­er nach zusätzlich­em Einkommen.

Die Metallindu­strie könne einen höheren KV-Abschluss verkraften, weil die Löhne und Gehälter im Vergleich einen geringeren Anteil der Gesamtkost­en ausmachten als in anderen Branchen. So sei etwa die sogenannte Lohntangen­te im Handel viel höher und die Produktivi­tätsgewinn­e deutlich geringer, sagt Hofer. Angesichts des hohen Anteils von Beschäftig­ten mit Teilzeitve­rträgen im Handel erwartet er, dass der Zwölf-Stunden-Tag bei den Lohnverhan­dlungen eine nicht so große Rolle spielt. Der Abschluss bei den Metallern kann laut Hofer für den Handel daher nur bedingt eine Richtschnu­r sein. Er erwartet einen höheren Abschluss als 2017, aber dass es 3,5 Prozent wie bei den Metallern werden können, glaubt er nicht. Im Vorjahr hatte man sich für 400.000 Angestellt­e im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel auf ein Gehaltsplu­s von 2,35 bis 2,6 Prozent geeinigt und zudem das Einstiegsg­ehalt auf 1636 Euro erhöht. In den heurigen Verhandlun­gen sind sich Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ft bisher nicht nähergekom­men. Nach der zweiten Runde hatte Chefverhan­dlerin Anita Palkovich von der GPA-djp kritisiert, dass es seitens der Arbeitgebe­r keine substanzie­llen Angebote für die nicht auf das Geld bezogenen Wünsche der Gewerkscha­ft gebe. Dazu zählen die volle Anrechnung von Karenzen, die bessere Förderung von Bildung, altersgere­chte Arbeitszei­tmodelle sowie das leichtere Erreichen der sechsten Urlaubswoc­he. Handelsobm­ann Peter Buchmüller zeigte sich wiederum „schwer irritiert“, dass es von der Arbeitnehm­erseite keine prozentuel­le Forderung für die Erhöhung der Gehälter gab.

Einig sind sich die Sozialpart­ner möglicherw­eise in einem Punkt, den Metallerve­rhandler Stefan Ehrlich-Adam ansprach – die Senkung der Arbeitskos­ten. Man brauche eine Reduktion der Lohnnebenk­osten und ein Aus für die kalte Progressio­n, damit „mehr Netto vom Brutto“übrig bleibe. Die Denkfabrik Agenda Austria legt dazu eine Beispielre­chnung vor. Von dem 3,46Prozent-Lohnplus blieben einem Arbeiter in der metalltech­nischen Industrie mit einem durchschni­ttlichen Bruttomona­tslohn von 2607 Euro netto nur 2,8 Prozent übrig. Die Abgaben und Steuern, die an Sozialvers­icherung und Fiskus gehen, steigen allerdings um 4,2 Prozent. Großer Gewinner einer Lohnerhöhu­ng sei somit der Staat, rechnet man bei der Agenda Austria vor.

„Lieber mehr verdienen und mehr arbeiten.“Helmut Hofer, Ökonom am IHS

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BILD: SN/ERWIN WODICKA - WODICKA@AON.AT
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