In London sammeln sich die Gegner von Theresa May
Tories, Labour, Schotten-Partei, Nordiren und Liberale – viele wollen im Unterhaus gegen den Brexit-Vertrag stimmen.
LONDON. Nach der Zustimmung der EU-Staats- und Regierungschefs zum Brexit-Vertrag hat die Chefin der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP), Arlene Foster, mit einem Bruch ihres Pakts mit der Minderheitsregierung von Premierministerin Theresa May gedroht. Sollte das Parlament das Abkommen im Dezember verabschieden, müsse die DUP ihre Unterstützung für May nochmals „überdenken“, sagte Foster am Sonntag. Mays Minderheitsregierung ist im Parlament auf die Unterstützung der zehn Abgeordneten der protestantischen und ultrakonservativen Partei aus Nordirland angewiesen. Diese haben bisher auch in wichtigen BrexitFragen mit der Regierung gestimmt.
Doch ein Passus im Austrittsvertrag zur künftigen Grenze zwischen Irland und Nordirland stößt bei der DUP auf Widerstand: der „Backstop“. Die Auffanglösung soll eine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland vermeiden, falls nach einer 21-monatigen Übergangsfrist immer noch keine Lösung gefunden ist – in diesem Fall würde Nordirland auf einigen Gebieten enger mit der EU verbunden bleiben als das restliche Großbritannien.
Der britische Außenminister Jeremy Hunt sagte, es werde eine Herausforderung, den Deal mit der EU durchs Parlament in London zu bekommen. Das Abkommen abzulehnen würde aber zu „sehr großen Risiken“für das Land führen. In den nächsten zwei Wochen vor der Abstimmung könne sich noch viel bewegen. Der Ausgang der Abstimmung über den Brexit-Vertrag ist ungewiss, weil im Unterhaus nicht nur Teile der sozialdemokratischen Labour-Opposition und die proeuropäischen Liberalen gegen das Abkommen stimmen wollen, sondern auch Parlamentarier von Mays Tories und eben der nordirischen DUP.
Unter den 315 Tories im Unterhaus kann May in der Abstimmung über den Brexit-Vertrag wohl bei zwei Gruppen auf Gefolgschaft zählen: bei moderaten Brexit-Befürwortern und ebenso bei proeuropäischen Abgeordneten, denen es vor den Folgen eines EU-Austritts ohne Abkommen graut.
Die meisten Labour-Abgeordneten sind proeuropäisch eingestellt und werden wohl gegen das BrexitAbkommen stimmen. Sie spekulieren auf Neuwahlen oder ein zweites Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens. Parteichef Jeremy Corbyn steht einem zweiten Volksentscheid über den EU-Austritt aber skeptisch gegenüber.
Auch die Schottische Nationalpartei (SNP), mit 35 Abgeordneten drittstärkste Kraft im Unterhaus, lehnt den Brexit-Vertrag ab. Die SNP plädiert dafür, dass das Vereinigte Königreich – oder zumindest Schottland – im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt. Andernfalls will SNP-Chefin Nicola Sturgeon ein zweites Unabhängigkeitsreferendum ansetzen.