Zweitwohnsitze: Wird Stopp wieder gelockert?
Die Raumordnung des Landes gewährt einzelnen Gemeinden großzügig Ausnahmen. Die Grünen protestieren. Die ÖVP dürfte nun einlenken. Und die SPÖ fühlt sich in ihrer Kritik bestätigt.
SALZBURG, BAD HOFGASTEIN. Die Masse an Zweitwohnungen in den Tourismusgebieten treibt die Preise weiter in die Höhe und macht Bauland und Wohnungen für viele Einheimische unerschwinglich. Die Landespolitik möchte gegensteuern: In Gemeinden, die zu viele Zweitwohnsitze haben, sollen keine neuen mehr entstehen dürfen.
Aber diese Neuerung im Raumordnungsgesetz („Zweitwohnung-Beschränkungsgemeinden“), die mit Jänner 2019 in Kraft treten soll, dürfte nun doch nicht so heiß gegessen werden, wie sie gekocht wurde. Theoretisch sind 82 der 119 Gemeinden von der Beschränkung betroffen, weil sie mehr als 16 Prozent Nicht-Hauptwohnsitze haben. Zehn dieser Gemeinden haben aber die Chance genutzt und höhere Prozentsätze beantragt. In der nun fertigen Verordnung ist die Raumordnungsabteilung diesen „Anregungen“nachgekommen. Sie hat die Anträge genehmigt, weil „die höheren Prozentsätze überörtlichen Entwicklungszielen nicht zuwiderlaufen“. Die Ausnahmen bewegen sich zwischen 20 und 39 Prozent. Die zehn Kommunen sind Fuschl, Seekirchen, Kuchl, Scheffau, Bramberg, Mittersill, Niedernsill, Piesendorf, Uttendorf und – der Spitzenreiter – Bad Hofgastein.
Der zuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) hat angekündigt, sich jede Gemeinde genau anzuschauen und in kurzen In- tervallen zu beobachten. Für den grünen Koalitionspartner jedenfalls ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Landtagsabgeordneter Josef Scheinast sagt: „Wir werden diese Woche noch einmal intensiv darüber zu reden haben.“Die 39 Prozent für Bad Hofgastein etwa wären absurd. „Wir werden uns von Gemeinden nicht in eine Richtung treiben lassen, die überhaupt nicht beabsichtigt war. Aus meiner Sicht müssen wir uns an die 16 Prozent halten, sonst machen wir uns ja lächerlich.“
Betroffene Gemeinden argumentieren, die aus der letzten Registerzählung herangezogenen Prozentsätze würden bei Weitem nicht der Realität – also echten Zweitwohnsitzen – entsprechen, weil zum Beispiel auch Dienstwohnungen und Studenten, die in Städten ihren Hauptwohnsitz angemeldet haben, enthalten seien. Beschränkungsgemeinden fürchten den hohen bürokratischen und rechtlichen Aufwand beim Nachweis illegaler Zweitwohnsitze. Auf die Probleme hatte der Mittersiller Ortschef Wolfgang Viertler in den SN schon heuer im Jänner hingewiesen.
In Scheffau (nicht gerade eine Tourismushochburg) betont Bürgermeister Friedrich Strubreiter (ÖVP) auf SN-Anfrage: Seine Gemeinde habe nie und nimmer die vom Land angegebenen 20 Prozent Zweitwohnsitze. „Bei den Wohnungen sind es nicht einmal drei Prozent, bei den Personen 5,5 Prozent. Wir sind also keine Beschränkungsgemeinde.“
In Bad Hofgastein stellt Bgm. Fritz Zettinig (ÖVP) klar: „Wir wollen gar nicht 39, sondern 23 Prozent.“Die 23 seien der Status quo, erklärt Gemeindeamtsleiter Wolfgang Schnöll. Der (Hofgasteiner) ÖVP-Abgeordnete und Tourismussprecher Hans Scharfetter will Klarheit über die unterschiedlichen Zahlen schaffen. Und: „Ich glaube, dass wir eher restriktiv sein müssen.“Für Ausnahmen müsse „es schon plausible Gründen geben“. Auch sein Parteikollege und Raumordnungssprecher Wolfgang Mayer geht davon aus, „dass das sehr restriktiv vom Ressort gehandhabt wird“. Er glaube nicht, dass alle zehn Gemeinden tatsächlich die Ausnahmen bekommen werden. Die Neuregelungen im Gesetz seien geboten, weil alte nicht funktionierten und verfassungswidrig gewesen seien.
Neu ist ab Jänner auch, dass Zweitwohnungen innerhalb eines Jahres (bis Ende 2019) quasi legalisiert werden können: Wenn
„So geht das nicht. Das widerspricht ja der Absicht.“Josef Scheinast, LAbg., Grüne
die Eigentümer der Gemeinde die künftige Verwendung als Zweitwohnung schriftlich anzeigen und der Kauf der Wohnung schon länger als drei Jahre zurückliegt. Für diese Erklärung gibt es ein Formular. Die Eigentümer müssen dann allerdings die besondere Ortstaxe entrichten.
Kritik kommt von der SPÖ. LAbg. Roland Meisl wirft der Regierung vor, den „Ausverkauf der Heimat“zu betreiben. „In 47 Gemeinden, 38 davon im Zentralraum Flachgau und Tennengau, haben jetzt Eigentümer die Möglichkeit, Zweitwohnsitze zu bauen, ins Grundbuch eintragen zu lassen und diese auch als Zweitwohnsitze zu verkaufen. Die Regierung predigt Wasser und trinkt Wein.“Die Zahl 47 ergibt sich aus den 37 Gemeinden, die unter 16 Prozent liegen, und den zehn Ausnahme-Gemeinden.
Dazu merkt die ÖVP an, dass auch diese Gemeinden Beschränkungsgebiete ausweisen können.