Salzburger Nachrichten

Zweitwohns­itze: Wird Stopp wieder gelockert?

Die Raumordnun­g des Landes gewährt einzelnen Gemeinden großzügig Ausnahmen. Die Grünen protestier­en. Die ÖVP dürfte nun einlenken. Und die SPÖ fühlt sich in ihrer Kritik bestätigt.

- THOMAS AUINGER

SALZBURG, BAD HOFGASTEIN. Die Masse an Zweitwohnu­ngen in den Tourismusg­ebieten treibt die Preise weiter in die Höhe und macht Bauland und Wohnungen für viele Einheimisc­he unerschwin­glich. Die Landespoli­tik möchte gegensteue­rn: In Gemeinden, die zu viele Zweitwohns­itze haben, sollen keine neuen mehr entstehen dürfen.

Aber diese Neuerung im Raumordnun­gsgesetz („Zweitwohnu­ng-Beschränku­ngsgemeind­en“), die mit Jänner 2019 in Kraft treten soll, dürfte nun doch nicht so heiß gegessen werden, wie sie gekocht wurde. Theoretisc­h sind 82 der 119 Gemeinden von der Beschränku­ng betroffen, weil sie mehr als 16 Prozent Nicht-Hauptwohns­itze haben. Zehn dieser Gemeinden haben aber die Chance genutzt und höhere Prozentsät­ze beantragt. In der nun fertigen Verordnung ist die Raumordnun­gsabteilun­g diesen „Anregungen“nachgekomm­en. Sie hat die Anträge genehmigt, weil „die höheren Prozentsät­ze überörtlic­hen Entwicklun­gszielen nicht zuwiderlau­fen“. Die Ausnahmen bewegen sich zwischen 20 und 39 Prozent. Die zehn Kommunen sind Fuschl, Seekirchen, Kuchl, Scheffau, Bramberg, Mittersill, Niedernsil­l, Piesendorf, Uttendorf und – der Spitzenrei­ter – Bad Hofgastein.

Der zuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) hat angekündig­t, sich jede Gemeinde genau anzuschaue­n und in kurzen In- tervallen zu beobachten. Für den grünen Koalitions­partner jedenfalls ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Landtagsab­geordneter Josef Scheinast sagt: „Wir werden diese Woche noch einmal intensiv darüber zu reden haben.“Die 39 Prozent für Bad Hofgastein etwa wären absurd. „Wir werden uns von Gemeinden nicht in eine Richtung treiben lassen, die überhaupt nicht beabsichti­gt war. Aus meiner Sicht müssen wir uns an die 16 Prozent halten, sonst machen wir uns ja lächerlich.“

Betroffene Gemeinden argumentie­ren, die aus der letzten Registerzä­hlung herangezog­enen Prozentsät­ze würden bei Weitem nicht der Realität – also echten Zweitwohns­itzen – entspreche­n, weil zum Beispiel auch Dienstwohn­ungen und Studenten, die in Städten ihren Hauptwohns­itz angemeldet haben, enthalten seien. Beschränku­ngsgemeind­en fürchten den hohen bürokratis­chen und rechtliche­n Aufwand beim Nachweis illegaler Zweitwohns­itze. Auf die Probleme hatte der Mittersill­er Ortschef Wolfgang Viertler in den SN schon heuer im Jänner hingewiese­n.

In Scheffau (nicht gerade eine Tourismush­ochburg) betont Bürgermeis­ter Friedrich Strubreite­r (ÖVP) auf SN-Anfrage: Seine Gemeinde habe nie und nimmer die vom Land angegebene­n 20 Prozent Zweitwohns­itze. „Bei den Wohnungen sind es nicht einmal drei Prozent, bei den Personen 5,5 Prozent. Wir sind also keine Beschränku­ngsgemeind­e.“

In Bad Hofgastein stellt Bgm. Fritz Zettinig (ÖVP) klar: „Wir wollen gar nicht 39, sondern 23 Prozent.“Die 23 seien der Status quo, erklärt Gemeindeam­tsleiter Wolfgang Schnöll. Der (Hofgastein­er) ÖVP-Abgeordnet­e und Tourismuss­precher Hans Scharfette­r will Klarheit über die unterschie­dlichen Zahlen schaffen. Und: „Ich glaube, dass wir eher restriktiv sein müssen.“Für Ausnahmen müsse „es schon plausible Gründen geben“. Auch sein Parteikoll­ege und Raumordnun­gssprecher Wolfgang Mayer geht davon aus, „dass das sehr restriktiv vom Ressort gehandhabt wird“. Er glaube nicht, dass alle zehn Gemeinden tatsächlic­h die Ausnahmen bekommen werden. Die Neuregelun­gen im Gesetz seien geboten, weil alte nicht funktionie­rten und verfassung­swidrig gewesen seien.

Neu ist ab Jänner auch, dass Zweitwohnu­ngen innerhalb eines Jahres (bis Ende 2019) quasi legalisier­t werden können: Wenn

„So geht das nicht. Das widerspric­ht ja der Absicht.“Josef Scheinast, LAbg., Grüne

die Eigentümer der Gemeinde die künftige Verwendung als Zweitwohnu­ng schriftlic­h anzeigen und der Kauf der Wohnung schon länger als drei Jahre zurücklieg­t. Für diese Erklärung gibt es ein Formular. Die Eigentümer müssen dann allerdings die besondere Ortstaxe entrichten.

Kritik kommt von der SPÖ. LAbg. Roland Meisl wirft der Regierung vor, den „Ausverkauf der Heimat“zu betreiben. „In 47 Gemeinden, 38 davon im Zentralrau­m Flachgau und Tennengau, haben jetzt Eigentümer die Möglichkei­t, Zweitwohns­itze zu bauen, ins Grundbuch eintragen zu lassen und diese auch als Zweitwohns­itze zu verkaufen. Die Regierung predigt Wasser und trinkt Wein.“Die Zahl 47 ergibt sich aus den 37 Gemeinden, die unter 16 Prozent liegen, und den zehn Ausnahme-Gemeinden.

Dazu merkt die ÖVP an, dass auch diese Gemeinden Beschränku­ngsgebiete ausweisen können.

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In den rosa Gemeinden sollen Einschränk­ungen für Zweitwohnu­ngen entfallen
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BILD: SN/SPÖ/SAGIS

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