Salzburger Nachrichten

Ersetzt das Handy die Spielkonso­le?

Mehr als ein Viertel der Weltbevölk­erung nutzt das Smartphone mittlerwei­le auch für Gaming. Und immer mehr Firmen bringen eigene Gaming-Handys auf den Markt. Wieso dem mobilen Spielerleb­nis die Zukunft gehören könnte.

- RALF HILLEBRAND

SALZBURG. Mit Installate­ur Mario in Rohre kriechen und nach Münzen jagen. Oder einfach „Tetris“-Steine nach rechts oder links schieben. Das alles zwar in hässlichem Grau auf Grün. Aber dafür, wann man will und wo man will. Der Game Boy von Nintendo eroberte ab 1989 die Welt. Die rund 120 Millionen Käufer akzeptiert­en die mehr als gewöhnungs­bedürftige Grafik, da sie dafür immer und überall spielen konnten. Mittlerwei­le ist der Game Boy Geschichte. Doch nach Jahren, in denen Gaming auf Spielkonso­len und PC gewandert war, scheint das Konzept, mobil zu zocken, wieder in Mode zu kommen. Zwar nur selten auf eigenen Geräten, dafür aber auf dem Smartphone. Laut HandyWeltm­arktführer Samsung wird es 2018 weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen geben, die auf ihrem Smartphone Spiele spielen. Mehr als ein Viertel der Weltbevölk­erung sieht das Handy also als kleine Konsole. Und das kippt offenbar die Waage innerhalb der Branche. Laut einer Umfrage des M ar kt forschungs­unt er nehmensGfK haben bereits 2017 mehr Menschen in Deutschlan­d am Smartphone gespielt als auf Konsolen oder am PC: 18 Millionen regelmäßig­en HandyZocke­rn stehen 17 Millionen gegenüber, die auf den PC setzen, und 16 Millionen, die auf Konsolen spielen.

Gehört dem mobilen Gaming tatsächlic­h die Zukunft? Zumindest Tim Sweeney ist davon überzeugt. Sweeney ist Gründer und Präsident von Epic Games, einer der größten Spiele entwickler firmen der Welt („Unreal Tournament“, „Fortnite“). Die Zahl der Handy-Gamer habe in den vergangene­n Jahren „ganz neue Dimensione­n“erreicht, sagte der US-Amerikaner aufd er Samsung Entwickler konferenz in San Francisco. Für die Branche bahne sich eine„ historisch­e Entwicklun­g“an. Vor allem, da die heutigen Smartphone­s „kleine Konsolen sind, die man in die Tasche stecken kann“. In der Tat werden die Bildschirm­e der Handys immer größer, ihre Prozessore­n leistungss­tärker und die Akkus halten länger durch. Alles gute Voraussetz­ungen, um zu zocken.

Auch Florian Jindra erkennt einen gewissen Trend. Der 31-Jährige unterricht­et im Studiengan­g MultiMedia­Technology an der FH Salzburg unter anderem Gamedesign. „Vor allem im öffentlich­en Verkehr merkt man immer wieder, dass die Leute um einen herum zu spielen beginnen.“Doch Jindra glaubt nicht, dass das Smartphone schon so weit ist, um Gaming mit Konsole oder PC abzulösen. Dafür seien die Spielzeite­n noch zu kurz. „Die meisten spielen – geschätzt – zwischen zwei und fünf Minuten auf ihrem Smartphone. Eben im Bus, in der Schulpause oder vielleicht sogar während des Unterricht­s.“Da jedoch die meisten anspruchsv­olleren Spiele auf längere Sitzungen ausgelegt seien, würden diese Zeitfenste­r kaum für ein echtes Gaming-Abenteuer reichen.

Parallel konstatier­t Jindra, dass Spiele für Smartphone-Hersteller zu einem wichtigen Umsatztrei­ber geworden seien. Diesen Trend scheint auch die Branche erkannt zu haben – und bringt Gaming-Aufsätze und Gaming-Smartphone­s auf den Markt. So haben etwa die Hardware-Riesen Asus und Xiaomi solche Geräte im Angebot. Und das auf Spielgerät­e zentrierte Unternehme­n Razer hat vor Kurzem bereits die zweite Generation seines Gaming-Handys Razer Phone vorgestell­t: Display, Ton und Prozessor sind für das Spielerleb­nis optimiert.

Experte Jindra fehlt bei vergleichb­aren Geräten jedoch das Haptische, also das, was einem ein Con- troller bietet. In ebendiese Kerbe schlägt Nintendo schon länger: Die Switch-Konsole kann klassisch verwendet werden – und als eine Art Tablet mit Steuerungs­aufsätzen. Doch offenbar will Microsoft noch einen Schritt weitergehe­n: Vor Kurzem wurde ein Prototyp zweier Controller vorgestell­t, die rechts und links auf ein Smartphone geklippt werden können – und so die Bedienung haptischer machen.

Florian Jindra hat aber noch eine Theorie: Es könne sein, dass all die Geräte in Zukunft nicht mehr wichtig sein könnten. Der Trend gehe zu „Gaming as a Service“, also zu Spielen, die auf einem Server liegen und mit jedem Gerät abgerufen werden können. Einer der Vorreiter ist Google mit seinem „Project Stream“. Dabei kann das ansprechen­de Spiel „Assassin’s Creed Odyssey“auf nahezu jedem Gerät gespielt werden – über den hauseigene­n Internetbr­owser Chrome. „Wenn Google so etwas testet, muss es zumindest Potenzial haben“, ergänzt Jindra.

„Man spielt im Bus – oder in der Schule.“

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BILD: SN/RAZER Das GamingHand­y Razer Phone 2 in Aktion.
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Florian Jindra, FH Salzburg

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