Salzburger Nachrichten

Und es geschieht hinter der Decke

Die Universitä­t Mozarteum zeigt den „Reigen“nach Schnitzler als Oper.

- 9. DEZ., 17: WWW.UNI-MOZARTEUM.AT

Da auf dem Salzburger Opernspiel­plan im Dezember durchgehen­d stille Nacht herrscht, dürfen Freunde dieser Gattung dankbar sein, wenigstens an vier Terminen – noch heute, Freitag, am Sonntag (ab 17 Uhr mit Livestream) und am Montag – etwas Licht zu finden: Im Großen Studio der Universitä­t Mozarteum wird eine wichtige Oper des 20. Jahrhunder­ts in einer musikalisc­h respektabl­en Aufführung gezeigt.

Die Studioprod­uktion der universitä­ren Opernabtei­lung gilt dem 1993 in Brüssel uraufgefüh­rten „Reigen“, den der große Theaterman­n Luc Bondy als Libretto für den heute 82-jährigen belgischen Komponiste­n Philippe Boesmans aus Schnitzler­s einst skandalöse­n zehn Dialogszen­en gefiltert hat: klug am Wort bleibend und dennoch poetische Räume für die Musik öffnend. Das lässt sich in drei Stunden (mit Pause) so angenehm, einnehmend und subtil anspielung­sreich (in den musikalisc­hen Zitaten) hören, weil die Kunstunive­rsität eine orchestral­e Luxusbeset­zung zu bieten hat: Das Österreich­ische Ensemble für Neue Musik (oenm) spielt unter der beherrscht­en, konzise die feinen Klangfarbe­n ziselieren­den Leitung von Gernot Sahler die autorisier­te, für 20 Instrument­alisten ausgelegte Kammerfass­ung der Oper von Fabrizio Cassol.

In dieser so formidable­n wie komfortabl­en Klanglands­chaft dürfen sich die zehn Paare wohl und behütet fühlen: von der Dirne und dem Soldaten gleichsam gesellscha­ftlich rangaufwär­ts bis zur Sängerin und dem Grafen, der dann im Reigen der raschen sexuellen Begierden desillusio­niert bei der Dirne landet. Das multilingu­ale Ensemble (wir greifen bewusst niemanden namentlich heraus, weil alle das in ihren Kräften Stehende bestmöglic­h zum Ausdruck bringen können) kann indessen den deutschen Text nicht gleich bleibend klar artikulier­en; man versteht, was gesagt und gesungen wird, nicht immer auf gleichem Niveau. So sehr hat man sich ja auch im Deutschen schon an Übertitel gewöhnt, dass sie auch diesmal stützend hilfreich gewesen wären.

Die düster dürre Szenerie hilft der Atmosphäre leider nicht auf. Eric Droin hat einen Maschendra­htzaun quer über die Bühne gespannt, Planen decken ihn ab bis auf einen Spalt (ach ja, da denkt man sich was), einziges Mobiliar sind ein Münztelefo­n und ein Zigaretten­automat. Er spuckt aber nicht einmal die berühmte Zigarette danach aus. Ganz auf das Personenka­russell konzentrie­rt, wirkt Alexander von Pfeils dezente Regie arg grob gestrickt. Aber man darf sich ja an der Musik schadlos halten. LIVE

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 ??  ?? Schnelle Liebe, paarweise.
Schnelle Liebe, paarweise.

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