Und es geschieht hinter der Decke
Die Universität Mozarteum zeigt den „Reigen“nach Schnitzler als Oper.
Da auf dem Salzburger Opernspielplan im Dezember durchgehend stille Nacht herrscht, dürfen Freunde dieser Gattung dankbar sein, wenigstens an vier Terminen – noch heute, Freitag, am Sonntag (ab 17 Uhr mit Livestream) und am Montag – etwas Licht zu finden: Im Großen Studio der Universität Mozarteum wird eine wichtige Oper des 20. Jahrhunderts in einer musikalisch respektablen Aufführung gezeigt.
Die Studioproduktion der universitären Opernabteilung gilt dem 1993 in Brüssel uraufgeführten „Reigen“, den der große Theatermann Luc Bondy als Libretto für den heute 82-jährigen belgischen Komponisten Philippe Boesmans aus Schnitzlers einst skandalösen zehn Dialogszenen gefiltert hat: klug am Wort bleibend und dennoch poetische Räume für die Musik öffnend. Das lässt sich in drei Stunden (mit Pause) so angenehm, einnehmend und subtil anspielungsreich (in den musikalischen Zitaten) hören, weil die Kunstuniversität eine orchestrale Luxusbesetzung zu bieten hat: Das Österreichische Ensemble für Neue Musik (oenm) spielt unter der beherrschten, konzise die feinen Klangfarben ziselierenden Leitung von Gernot Sahler die autorisierte, für 20 Instrumentalisten ausgelegte Kammerfassung der Oper von Fabrizio Cassol.
In dieser so formidablen wie komfortablen Klanglandschaft dürfen sich die zehn Paare wohl und behütet fühlen: von der Dirne und dem Soldaten gleichsam gesellschaftlich rangaufwärts bis zur Sängerin und dem Grafen, der dann im Reigen der raschen sexuellen Begierden desillusioniert bei der Dirne landet. Das multilinguale Ensemble (wir greifen bewusst niemanden namentlich heraus, weil alle das in ihren Kräften Stehende bestmöglich zum Ausdruck bringen können) kann indessen den deutschen Text nicht gleich bleibend klar artikulieren; man versteht, was gesagt und gesungen wird, nicht immer auf gleichem Niveau. So sehr hat man sich ja auch im Deutschen schon an Übertitel gewöhnt, dass sie auch diesmal stützend hilfreich gewesen wären.
Die düster dürre Szenerie hilft der Atmosphäre leider nicht auf. Eric Droin hat einen Maschendrahtzaun quer über die Bühne gespannt, Planen decken ihn ab bis auf einen Spalt (ach ja, da denkt man sich was), einziges Mobiliar sind ein Münztelefon und ein Zigarettenautomat. Er spuckt aber nicht einmal die berühmte Zigarette danach aus. Ganz auf das Personenkarussell konzentriert, wirkt Alexander von Pfeils dezente Regie arg grob gestrickt. Aber man darf sich ja an der Musik schadlos halten. LIVE