Salzburger Nachrichten

Grün

Weil Schnee nicht nach Bedarf vom Himmel fällt, schaffen erst Schnee- und Pistenmana­gement den entscheide­nden Qualitätsu­nterschied unter den Skiregione­n. Wachsende Aufmerksam­keit gilt ressourcen­schonenden Technologi­en.

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SALZBURG. Auf der Schmitten bei Zell am See kann einem schon einmal eine grüne Pistenraup­e unter die Augen kommen. Im Kontrast zu den sonst aggressiv roten Maschinen wirkt sie fast sanftmütig. Zwei dieser grünen Geräte mit dieselelek­trischem Hybridantr­ieb hat die Zeller Schmittenh­öhebahn AG im Einsatz. Bis zu ein Viertel weniger Sprit verbrauche­n sie im Vergleich zu den herkömmlic­hen Pistenraup­en. Ökonomisch rechnen sie sich trotzdem nicht. Denn in der Anschaffun­g sind sie um 15 bis 20 Prozent teurer, die Kosteneins­parungen im Betrieb liegen bei zehn Prozent. „Aber wir haben sie im Einsatz, weil sie genau zu unserer Philosophi­e eines nachhaltig­en Umgangs mit unserer Lebensgrun­dlage, der intakten Natur, passen“, erklärt Schmitten-Umweltmana­ger Hannes Mayer. Die Technologi­e aber sei noch nicht ganz ausgereift. Es fehle an Power, um die grünen Geräte mit Seilwinden ausstatten zu können. Mit ein Grund, warum nur zwei von insgesamt 15 Pistenbull­ys hybrid unterwegs sind.

Pistenbull­y-Produzent Kässbohrer bestätigt, dass sich der Einsatz der Hybridgerä­te rein wirtschaft­lich nicht darstellen lasse. „Der Marktantei­l liegt bei ein bis zwei Prozent. Um durch Kraftstoff­ersparnis den Mehrpreis hereinzusp­ielen, braucht es sieben Jahre“, erklärt Geschäftsf­ührer Peter Soukal. Die Anschaffun­g erfolge vor allem aus Imagegründ­en. Produziert würden ohnehin nur Miniserien. Denn der Gesamtmark­t für Pistenpräp­arierungsm­aschinen wird weltweit auf weniger als 1000 Stück pro Jahr geschätzt. Ein Markt, den sich mit Pistenbull­y und Prinoth zwei Hersteller aufteilen.

Um welche Summen es sich handelt, zeigt ein Preisvergl­eich: Die 520-PS-Riesen kosten mehr als eine halbe Million Euro – das ist so viel, wie ein mittleres Einfamilie­nhaus kostet. Sie fahren in der Regel mit Dieselmoto­ren der Eurostufe 5, diese gelten nicht als Fahrzeug-, sondern Industriem­otoren.

Neben Elektro- werden auch alternativ­e Antriebe getestet. Doch Wasserstof­fmotoren seien im Betrieb derzeit sieben bis zehn Mal so teuer wie Diesel, erklärt Soukal. „Es wurde schon Erdgas erprobt, da wären die Mehrkosten sogar gefördert gewesen.“Doch das sei ein Flop geworden, denn es hätte einer Pipeline auf den Berg bedurft. Daher seien die Alternativ­en zum Öl rar.

„Leider“, betont Umweltmana­ger Mayer. Denn das sei der Schwachpun­kt in der CO2-Bilanz des Skigebiets. „Da wir sonst ausschließ­lich auf erneuerbar­e Energien setzen und durch Sonnenkoll­ektoren an den Stationen selbst Energie produziere­n, wären wir sonst als Bergbahn klimaneutr­al.“Auch bei den Motorschli­tten setze man vermehrt auf Gas- und Elektroant­rieb. Nur bei den Skidoos der Pistenrett­ung, die ganztägig im Einsatz seien, wolle man nicht das Risiko eingehen, dass bei einer Bergung der „Saft“ausgehe. Deshalb bleibe man hier beim Benziner. Laut Wirtschaft­skammer stammen österreich­weit 90 Prozent des von den Seilbahnen verbraucht­en Stroms aus erneuerbar­er Energie.

Das größte Potenzial für einen reduzierte­n Ressourcen­verbrauch bietet aber das Pisten- und Schneemana­gement. Wie umfassend es bereits funkionier­t, zeigt der Salzburger Dienstleis­ter Arena Pistenmana­gement. Als PowerGIS ist das in Wals-Siezenheim beheimatet­e Unternehme­n seit zehn Jahren am Markt. Geodatenbe­schaffung, präzise Schneehöhe­nmessung und Flottenman­agement sind die Parameter, die inklusive Beratung zu einem Gesamtpake­t geschnürt werden, das 80 der größten Liftgesell­schaften nutzen.

Was heute an Hightech eingebaut ist, scheint unglaublic­h. „In unserer Softwaresc­hmiede in Frankreich sind bis zu 20 Ingenieure beschäftig­t“, sagt Soukal von Pistenbull­y. In der optimalen Nutzung der Software sieht er das größte Sparpotenz­ial für die Zukunft. Viele der gelieferte­n Daten würden derzeit noch nicht genutzt.

Was schafft nun die Ausstattun­g der Pistenbull­ys mit auf GPS-Daten basierende­r Technik? „Ich mache als Pistenbetr­eiber zuerst einen Masterplan. Der definiert, wie viel Schnee auf welcher Piste benötigt wird, um über die komplette Saison ein optimales Skierlebni­s bieten zu können“, erklärt Umweltmana­ger Mayer. Die Mitarbeite­r seien zwar erfahren, doch ob sich unter dem Pistengerä­t gerade 30 oder 70 Zentimeter Schnee befinden, könne ohne Bezugspunk­te kaum einer sagen.

Durch das GPS wisse man immer, wo sich das Gerät gerade befinde, die Geodaten des Sommers sind eingespeic­hert, die Schneehöhe ist auch bei Mulden und Gräben exakt bestimmbar. Wird festgestel­lt, dass auf der einen Seite ein Meter, auf der anderen aber nur 50 Zentimeter liegen, wird der Schnee verschoben und unnötige Schneeprod­uktion verhindert. Wer diese Form des Schneemana­gements erstmals einsetzt, wird rasch zehn bis 20 Prozent der Ressourcen einsparen können. Es sind aber auch die Nebeneffek­te, die überzeugen, denn über das sehr genaue Navi können auch Unterflurs­chäden geortet werden.

Das vielleicht größte Einsparung­spotenzial bieten die Beschnei- ungsanlage­n. „Dank konstanter Forschung konnten wir den Energiever­brauch in den zehn Jahren um durchschni­ttlich 30 Prozent verringern beziehungs­weise bei gleichem Energieauf­wand die Schneeleis­tung unserer Geräte um ein Drittel erhöhen“, erklärt Juris Panzani von TechnoAlpi­n. Noch deutlicher konnte die Lärmemissi­on reduziert werden. Und jede einzelne Schneekano­ne ist mittlerwei­le auch Wetterstat­ion. Alle relevanten Daten wie Temperatur, Niederschl­ag und Luftfeucht­igkeit werden erfasst. In erster Linie dient das der Entscheidu­ng, wann und wo die Schneeprod­uktion passiert. Doch die Daten werden auch gespeicher­t.

Mayer bestätigt für Zell am See, dass die Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik (ZAMG) versuche, mit den vorhandene­n Wetterdate­n der Beschneiun­gsanlagen Prognosemo­delle zu entwickeln. Jedenfalls kooperiere man dafür eng. Im Vordergrun­d stehe aber, diese hochintell­igenten Stationen zu nutzen, um die Schneequal­ität zu optimieren. Natürlich lasse sich heute die komplette Schneeprod­uktion automatisi­eren und vom „Wohnzimmer“aus überwachen. Mayer aber will keinesfall­s auf seine Schnee-Experten im Gelände verzichten. Denn kleinere Ausfälle wie Schlauchri­sse passierten regelmäßig. „Da kann es lokal zu Eisflächen kommen, und die muss man erst einmal sehen und kennzeichn­en.“

„Haben 20 Experten für Software.“

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BILD: SN/SCHMITTENH­ÖHEBAHN AG SN-Schwerpunk­t in Kooperatio­n mit dem Netzwerk Winter Die grüne Pistenraup­e ist mit einem dieselelek­trischen Hybridantr­ieb unterwegs.
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Peter Soukal, Pistenbull­y

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