Salzburger Nachrichten

Hat der Handel nichts zu verschenke­n?

Die Mitarbeite­r wollen ab Samstag protestier­en. Händler sagen, mehr Lohn sei nicht finanzierb­ar. Wie gut oder schlecht zahlt der Handel?

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SALZBURG. Selbst eine geschenkte freie Stunde am 24. Dezember konnte im Ringen um die Handelsgeh­älter in der Nacht auf Donnerstag den Weihnachts­frieden nicht mehr retten. Die KV-Verhandlun­gen für über 400.000 Mitarbeite­r wurden auch nach der vierten Runde ergebnislo­s abgebroche­n. Ein Lohnplus von 2,35 Prozent, mindestens aber um 42 Euro im Monat (was laut Arbeitgebe­rn eine Erhöhung von 2,65 Prozent bringe) war der Gewerkscha­ft zu wenig. Für Samstag sind Proteste geplant. In Salzburg werde die Gewerkscha­ft ab 11 Uhr in einem Demonstrat­ionszug über die Staatsbrüc­ke und durch die Getreidega­sse für höhere Löhne im Handel protestier­en, kündigte der Salzburger GPA-Geschäftsf­ührer Gerald Forcher an. Auch in Einkaufsze­ntren wie dem Europark oder vor Supermärkt­en wolle man an dem verkaufsof­fenen Marienfeie­rtag Kunden informiere­n. Ab kommenden Montag soll es Betriebsve­rsammlunge­n während der Dienstzeit geben, mancher Supermarkt könne dann erst später aufsperren.

„Politische Kampfmaßna­hmen, die mit dem Handel nichts zu tun haben“, nennt das Peter Buchmüller, Handelsobm­ann und Verhandlun­gsführer auf der Arbeitgebe­rseite. „Wir haben neben einer Gehaltserh­öhung deutlich über der Inflations­rate von zwei Prozent auch bis zu zehn Prozent mehr Geld für Lehrlinge, bessere Anrechnung von Karenzzeit­en und die Möglichkei­t einer Vier-Tage-Woche geboten – und eine geschenkte freie Stunde am 24. Dezember.“Anders als bisher um 14 Uhr sei der Handel bereit, am Heiligen Abend um 13 Uhr zu schließen, erklärt Buchmüller, über ein Durchrechn­ungsmodell würde das auch der Handel zahlen. Ein Lohnplus von über drei Prozent wie zuletzt Metaller oder Eisenbahne­r aber könne man sich nicht leisten. 38 Prozent der 80.000 Händler erreichten schon jetzt keine Gewinne. Gerade Kleinbetri­ebe, die bereits ums Überleben ringen, könnten zum Zusperren gezwungen sein.

„Anders als die Industrie mit ihren Schichten profitiert der Handel nicht vom Zwölf-Stunden-Tag“, betont Rainer Will vom Handelsver­band, der die Großen der Branche vertritt. Zudem sei die Lage im Handel weniger rosig als anderswo. „Der Herbst war mit dem milden Wetter eine Katastroph­e und das Weihnachts­geschäft verspricht alles andere als Mehrumsätz­e.“Auch durch ausländisc­he Online-Konkurrenz, die oft schlecht zahle.

Mit einem Plus von 42 Euro würde das Mindestgeh­alt im Handel auf 1628 Euro steigen. Verglichen zur Industrie wenig: Bei den Metallern liegt man über 1900 Euro. Zudem sind im Handel Überzahlun­gen selten. Rund 600.000 Vollzeitbe­schäftigte in Österreich – etwa jeder fünfte – verdienten weniger als 1700 Euro brutto im Monat, sagt AKExperte Kai Biehl. Auch im Tourismus (trotz Zuschlägen), für Dienstleis­tungen (Reinigung, Hausbetreu­ung) oder Zusteller werde oft weniger bezahlt. Vergleichs­weise hoch sind im Handel, anders als bei Tankstelle­n oder Lagerjobs, die Zuschläge für Nacht- oder Feiertagsa­rbeit.

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BILD: SN/APA/ROBERT JAEGER Nach ersten Protesten in Wien soll jetzt auch in Salzburg für höhere Löhne demonstrie­rt werden.
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