Dreht die OPEC am Ölhahn?
Geht es nach Saudi-Arabien, werden die Ölexporteure ihre Fördermenge drosseln, um den Preis zu stützen. Doch das bedeutet einen offenen Konflikt mit den USA. Russland überlegt noch.
WIEN. Wien ist wieder einmal der Nabel der Welt. Zumindest für alle großen Fernsehstationen und internationalen Nachrichtenagenturen – und alle, die ein Interesse an der aktuellen Entwicklung des Ölpreises haben. Bei einer zweitägigen OPEC-Konferenz will die Organisation erdölexportierender Länder höhere Ölpreise durchsetzen.
Vor dem OPEC-Sitz in der Wiener Innenstadt drängten sich bereits Donnerstag früh unzählige Journalisten und Sicherheitsbeamte. Die Stimmung ist eindeutig: Die meisten Ölexporteure wollen die Fördermenge drosseln, damit der Preis steigt. Ein Barrel (159 Liter) der USSorte WTI oder der Nordseesorte Brent hat seit Anfang Oktober knapp ein Drittel an Wert verloren. Grund ist ein aktuelles Überangebot von 1,5 bis 1,7 Millionen Fass (Barrel) Öl täglich.
Was die Industrie, Verbraucher und Autofahrer weltweit freut, macht den stark vom Ölpreis abhängigen Ländern Kopfzerbrechen. Denn ihre Volkswirtschaften sind praktisch ausschließlich auf die Einnahmen aus Erdöl und Erdgas ausgerichtet und durch die vergleichsweise tiefen Preise schon gehörig in Schieflage geraten. Erklärtes Ziel der wichtigsten OPEC-Länder unter der Führung Saudi-Arabiens ist ein höherer Ölpreis. Den kann die OPEC nur bedingt steuern, über den täglich ermittelten Durchschnittspreis der Mitgliedsländer, den sogenannten OPEC-Korbpreis. Maßgeblich ist jene Fördermenge, die die derzeit 15 OPEC-Länder (Katar will 2019 austreten) auf den Markt bringen, knapp die Hälfte des weltweiten Ölbedarfs. Im Vorfeld waren sich die größten Förderländer einig, dass man die Fördermenge deutlich drosseln will, zuletzt war die Rede von 1,3 Millionen Fass täglich. Der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Suhail Mohamed Al Masroui, der als Präsident des aktuellen Treffens fungiert, formuliert es anders. Es gehe nicht um höhere Preise, versicherte er. „Unser Ziel ist die Balance von Angebot und Nachfrage, sowohl für Konsumenten als auch für die Erdölproduzenten“, sagte der Minister.
Erschwert wird die aktuelle Sitzung durch eine Reihe von Sonderfaktoren. Erstens pocht der Iran auf eine Ausnahmeregelung. Das Land will nach den US-Sanktionen wieder ins Geschäft kommen. Zweitens wollen sich die OPEC-Länder mit Russland abstimmen, einem wichtigen Förderland, das aber nicht der OPEC angehört. Saudi-Arabien möchte Russland davon überzeugen, dass es seine eigene Förderung um mindestens 250.000 bis 300.000 Barrel kürzt.
Doch Russland und Saudi-Arabien haben unterschiedliche Preisvorstellungen. Während die Russen bereits auf dem aktuellen Preisniveau profitabel arbeiten können, braucht Saudi-Arabien höhere Preise, um das strapazierte Budget zu entlasten. Russland zögert noch. Am Donnerstag flog Energieminister Alexander Nowak zurück nach Moskau, um sich mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin abzustimmen. Er wird heute, Freitagabend, zurückerwartet. Dann könnte es im besten Fall eine Einigung geben.
Auf der anderen Seite steht die lautstarke Forderung von US-Präsident Donald Trump, der weiter niedrige Ölpreise verlangt, um die Wirtschaft in Schwung zu halten.
Die Debatte hat auch eine politische Dimension. Das traditionell gute Verhältnis zwischen den USA und Saudi-Arabien ist nach der Ermordung des regimekritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi unter Druck geraten.