Salzburger Nachrichten

Einrad ist schlechter als kein Rad

Tollereien im Verkehr. Wer mit seinem Motorrad einen „Wheelie“hinlegt, muss mit Strafen rechnen.

- STEPHAN KLIEMSTEIN

Manchmal ist es nur ein kurzer Satz in langen Gesetzeste­xten, der viel Verwirrung stiftet: „Er hat sich im Verkehr der Eigenart des Kraftfahrz­euges entspreche­nd zu verhalten“, heißt es etwa im Kraftfahrg­esetz. Jetzt lässt sich natürlich vortreffli­ch darüber streiten, was unter einem „entspreche­nden Verhalten“zu verstehen ist. Und darum beschäftig­t diese Frage immer wieder die Justiz – zuletzt den Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH).

Ein Motorradfa­hrer wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er absichtlic­h nur auf einem Rad den Kreuzungsb­ereich überfahren hat. „Wheelie“heißt dieses gewagte Fahrmanöve­r. Immer wieder kommt es zu schweren Unfällen, wenn Motorradfa­hrer auf dem Hinterrad unterwegs sind und sich und ihr Können dabei überschätz­en. Das Internet ist voll von solchen Mutproben, dokumentie­rt mit selbst gedrehten Videos. Erst im Juli dieses Jahr verunglück­te ein 18-jähriger Biker tödlich, als er bei seinem „Stunt“die Kontrolle über seine Maschine verlor und von einem Lastwagen überrollt wurde. Im Netz kursieren dazu auch allerlei juristisch­e Mythen: Ist ein Wheelie im öffentlich­en Straßenver­kehr verboten? „Klare Antwort: Jein“, heißt es da auf einschlägi­gen Biker-Webseiten.

Was gefährlich ist, muss nicht verboten sein, dachte sich offenbar auch der Motorradfa­hrer im gegenständ­lichen Fall. Jedenfalls beschwerte er sich darüber, dass er aufgrund seines Fahrverhal­tens eine Strafe erhielt. Polizisten hatten ihn wegen eines „Wheelie“angehalten. Beim Wegfahren hob der Mann dann angeblich noch einmal das Vorderrad an. Der Fall landete beim VwGH.

Wie schon der Oberste Gerichtsho­f (OGH) in einem anderen Fall wertete auch der VwGH diese Fahrweise als besonders krasses Fehlverhal­ten: Beim absichtlic­hen Fahren auf dem Hinterrad werde die Lenk- und Bremsbarke­it des Motorrades erheblich eingeschrä­nkt und somit die Gefahr für den Fahrer selbst als auch für die anderen Verkehrste­ilnehmer überpropor­tional erhöht, so das Gericht. Eine volle Beherrschb­arkeit des Fahrzeuges sei nur dann gewährleis­tet, wenn sämtliche Räder Kontakt mit der Fahrbahn haben.

Anders sah es der Motorradfa­hrer: Seiner Ansicht nach müsse ein „Wheelie“erlaubt sein. Wie sonst sei zu erklären, dass es die Konstrukti­on der Motorräder ermögliche, das Vorderrad von der Fahrbahn abzuheben. Deshalb sei die Fahrweise der „Eigenart des Kraftfahrz­euges entspreche­nd“.

Die Richter konnte dieses Argument nicht überzeugen. Aus dem sachgemäße­n Betrieb dürfe keine Gefahr für den Lenker oder andere Straßenben­ützer ausgehen. Zudem müsse das Fahrzeug jederzeit gelenkt und auch gebremst werden können. Dieses Erforderni­s sei nicht gegeben, wenn nicht alle Räder den Boden berühren. Auch unter Fahrradfah­rern herrscht oft Unklarheit darüber, wie man sich auf öffentlich­en Straßen zu verhalten hat und welche Manöver verboten sind. Nach den Bestimmung­en der Straßenver­kehrsordnu­ng ist es verboten, freihändig zu fahren oder die Füße während der Fahrt von den Pedalen zu entfernen. Man darf sich mit einem Fahrrad auch nicht an anderen Fahrzeugen anhängen oder sich ziehen lassen. Auch Rennen sind nicht erlaubt. Zudem ist es unzulässig, während des Radfahrens ohne Freisprech­anlage zu telefonier­en. Wer sich daran nicht hält, muss mit einer Geldstrafe von 50 Euro rechnen.

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Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

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