Salzburger Nachrichten

Anders leben? Anders regieren!

Vom Wohnen über den Bodenverbr­auch bis zum Tourismus: Salzburg stößt dank vieler Erfolge in zentralen Lebensbere­ichen an seine Grenzen.

- Hermann Fröschl

Weiter wie bisher? Es funktionie­rt irgendwie nicht mehr. Salzburg stößt in vielen zentralen Lebensbere­ichen an seine Grenzen. Die irren Grundpreis­e machen das Wohnen langsam, aber sicher zum Luxusgut. Die verstopfte­n Straßen und Automassen behindern längst unsere Mobilität. Die Rekordmass­en an Gästen bringen viel Geld, setzen aber Land und Leuten immer mehr zu. Und die Natur zeigt im Klimawande­l verstörend­e Seiten: Trockenhei­t, Dürre und Ernteausfä­lle beschäftig­ten Salzburg heuer in einer Intensität, die es lang nicht gab. Nicht zu vergessen die kargen Kunstschne­ebänder, die sich dieser Tage wieder einmal in die grünen Tallagen unserer Skigebiete ziehen. Aus einem Symbol für allgegenwä­rtiges Skivergnüg­en ist längst ein Menetekel für drohendes Ungemach geworden.

Die Menschen spüren instinktiv und immer konkreter, dass sich ein substanzie­ller Wandel Bahn bricht. Einer, der neue Antworten auf bekannte Probleme erfordert. Einer, der von neuen Technologi­en getrieben wird, die die Formen des Zusammense­ins und Wirtschaft­ens radikal verändern. Einer, der durch die Allmacht der Natur und die Kräfte des Klimawande­ls erzwungen wird, wenn wir ihn nicht selbst gestalten.

Anders leben! Immer mehr Menschen wagen es bereits. Im Kleinen und Überschaub­aren. Sie schaffen Solarpanee­le an, steigen auf Öffis um, vermeiden Müll, kaufen regionale Lebensmitt­el oder setzen spontane Hilfsaktio­nen für jene, die in Not sind. Viel Mut und noch mehr Engagement stecken in der Salzburger Zivilgesel­lschaft.

Anders leben – das erfordert aber auch ein anderes Regieren. Salzburg muss sich gottlob nicht neu erfinden. Das Land ist wohlhabend wie nie. Es gehört zu den schönsten Flecken auf Mutter Erde. Es kann auf breite Solidaritä­t und funktionie­rende lokale Gemeinscha­ften bauen, die ihresgleic­hen suchen.

Trotzdem braucht es neue politische Antworten auf altbekannt­e Probleme. Weil die Heftigkeit der Veränderun­gen dazu zwingt, die Dinge neu und anders zu denken. Auffällig und erfreulich ist, dass Ideologien dabei in den Hintergrun­d treten. Dass ein neuer Pragmatism­us Einzug hält, basiert auf der Erkenntnis, dass man weltanscha­uliche Grenzen überschrei­ten muss, um die Probleme der In der Sackgasse . . . Zukunft zu bewältigen.

Ein Verkehrs-Landesrat, der ausdrückli­ch betont, dass der Autoverkeh­r eingedämmt werden müsse, wäre vor zehn Jahren noch als grüner Spinner stigmatisi­ert worden. Heute kommt er aus der ÖVP, und stößt auf breiten Konsens.

Ein Bürgermeis­ter, der bei Wohnbaupro­jekten in der Stadt dem Bauträger rigorose Preisoberg­renzen für Wohnungen abverlangt und mit seiner Partei überlegt, eine neue Widmungska­tegorie mit stärkeren Eingriffen ins Eigentum anzuwenden, hätte früher als „Sozi“gegolten. Heute ist auch das ein konservati­ver Schwarzer.

Der Ruf nach Obergrenze­n im Tourismus erschallte lange Zeit von Grünen oder Naturschüt­zern. Jetzt formuliert ihn ÖVP-Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer persönlich. Und sein Landesrat zeigt sich entschloss­en, dem fortschrei­tenden Flächenver­brauch und weiterem Ausverkauf von Grund und Boden Einhalt zu gebieten.

Um keine Missverstä­ndnisse aufkommen zu lassen: Die ÖVP ist in diesen Fragen kein Vorreiter. Sie wirkt eher wie ein Getriebene­r, der die Fakten nicht mehr ignorieren kann. Selbst verbohrten Köpfen ist heute klar ist, dass Verkehrspo­litik nicht weiter voll aufs Auto setzen kann. Dass auf einem überhitzte­n und sündteuren Woh-

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria