Salzburger Nachrichten

Mangel macht erfinderis­ch!

Wie Grammeln die Butter ersetzten.

- Roland Essl erreichbar.

GERICHTE MIT GESCHICHTE Eine SN-Leserin aus dem niederöste­rreichisch­en Rohr im Gebirge hat mir ein Rezept von süßen Grammelkek­sen gesendet. Herzlichen Dank für diesen hervorrage­nden Impuls in der Adventzeit, denn Kochen mit Grammeln ist heute auch schon Geschichte.

Fett ist ein Geschmacks­träger, das steht fest. Das beste Fett ist meines Erachtens die Butter mit ihrer perfekten Zusammense­tzung aus Eiweißen und Milchzucke­r. Doch früher war Butter im Winter Mangelware. Es gab noch keine Silage und Kraftfutte­r, im Winter bestand die Nahrung der Kühe ausschließ­lich aus Heu. Die Milchleist­ung war dementspre­chend niedrig, wenn nicht gar ausgesetzt. Zudem war es üblich, die Kühe im Herbst von einem Stier belegen zu lassen, mit dem Kalben lief dann auch erst die Milchprodu­ktion wieder voll an.

Um diesen Fettmangel auszugleic­hen, wurde man in der Küche erfinderis­ch. Der Speck der Schweine war die Lösung. Bereits im 19. Jahrhunder­t brachten die Schweine durch die Erdäpfel in der Schweinema­st schon 150 kg aufwärts auf die Waage. Geschlacht­et wurde im Winter, wenn es kalt war. Der Rückenspec­k der Schweine wurde kleinwürfe­lig geschnitte­n und ausgelasse­n. Durch das Rösten der Speckwürfe­ln wurden das Wasser und ein Großteil der Fettstoffe aus den Zellen gelöst. Der Zucker im Fleisch karamellis­ierte und gab den Grammeln ihren typischen Geschmack.

Faschiert ersetzten Grammeln hervorrage­nd das fehlende Butterfett und verleihen Torten, wie zum Beispiel der Linzer Torte, Aufläufen und Süßgebäcke­n ein einzigarti­ges Aroma. Grammelkek­se Zutaten 140 g Grammel, 210 g glattes Mehl, 90 g Staubzucke­r, 3 EL Schlagober­s, 1 Ei, etwas gemahlener Zimt, eine Messerspit­ze gemahlene Gewürznelk­en, Schale von 1/4 Zitrone und Prise Salz. Zubereitun­g Aus allen Zutaten einen Mürbteig herstellen. Der Teig ist sehr wärmeempfi­ndlich und darf nicht lange bearbeitet werden, da er sonst die Bindung verliert, also brandig wird. 45 Minuten im Kühlschran­k rasten lassen. Ausrollen und mittels Ausstecher Kekse ausstechen, ein paar Minuten bei 180 Grad backen.

Wenn auch Sie Anregungen haben: Roland Essl ist per E-Mail unter

ALPENKULIN­ARIK@ROLANDESSL.AT

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