Mangel macht erfinderisch!
Wie Grammeln die Butter ersetzten.
GERICHTE MIT GESCHICHTE Eine SN-Leserin aus dem niederösterreichischen Rohr im Gebirge hat mir ein Rezept von süßen Grammelkeksen gesendet. Herzlichen Dank für diesen hervorragenden Impuls in der Adventzeit, denn Kochen mit Grammeln ist heute auch schon Geschichte.
Fett ist ein Geschmacksträger, das steht fest. Das beste Fett ist meines Erachtens die Butter mit ihrer perfekten Zusammensetzung aus Eiweißen und Milchzucker. Doch früher war Butter im Winter Mangelware. Es gab noch keine Silage und Kraftfutter, im Winter bestand die Nahrung der Kühe ausschließlich aus Heu. Die Milchleistung war dementsprechend niedrig, wenn nicht gar ausgesetzt. Zudem war es üblich, die Kühe im Herbst von einem Stier belegen zu lassen, mit dem Kalben lief dann auch erst die Milchproduktion wieder voll an.
Um diesen Fettmangel auszugleichen, wurde man in der Küche erfinderisch. Der Speck der Schweine war die Lösung. Bereits im 19. Jahrhundert brachten die Schweine durch die Erdäpfel in der Schweinemast schon 150 kg aufwärts auf die Waage. Geschlachtet wurde im Winter, wenn es kalt war. Der Rückenspeck der Schweine wurde kleinwürfelig geschnitten und ausgelassen. Durch das Rösten der Speckwürfeln wurden das Wasser und ein Großteil der Fettstoffe aus den Zellen gelöst. Der Zucker im Fleisch karamellisierte und gab den Grammeln ihren typischen Geschmack.
Faschiert ersetzten Grammeln hervorragend das fehlende Butterfett und verleihen Torten, wie zum Beispiel der Linzer Torte, Aufläufen und Süßgebäcken ein einzigartiges Aroma. Grammelkekse Zutaten 140 g Grammel, 210 g glattes Mehl, 90 g Staubzucker, 3 EL Schlagobers, 1 Ei, etwas gemahlener Zimt, eine Messerspitze gemahlene Gewürznelken, Schale von 1/4 Zitrone und Prise Salz. Zubereitung Aus allen Zutaten einen Mürbteig herstellen. Der Teig ist sehr wärmeempfindlich und darf nicht lange bearbeitet werden, da er sonst die Bindung verliert, also brandig wird. 45 Minuten im Kühlschrank rasten lassen. Ausrollen und mittels Ausstecher Kekse ausstechen, ein paar Minuten bei 180 Grad backen.
Wenn auch Sie Anregungen haben: Roland Essl ist per E-Mail unter
ALPENKULINARIK@ROLANDESSL.AT