Frontex neu, bitte warten!
Österreich ringt um ein zentrales Projekt während seiner EU-Ratspräsidentschaft. Doch es dürfte noch Jahre dauern, bis der Schutz der Außengrenzen so ist, wie Bundeskanzler Kurz das wollte.
BRÜSSEL. Als Österreich am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernahm, schien der Ausbau der EUGrenzschutzagentur Frontex der kleinste gemeinsame Nenner zu sein, auf den sich die 28 Staaten in der ansonsten so konfliktträchtigen Flüchtlings- und Migrationspolitik verständigen können. Zudem passte das Vorhaben in das Generalmotto, das sich Österreich für die Vorsitzführung gegeben hatte: „Ein Europa, das schützt.“Für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wurde die Reform des Schutzes der EUAußengrenzen zentrales Anliegen. Kurz hatte darauf gedrungen, dass die Aufstockung von Frontex nicht erst wie ursprünglich geplant 2027 erfolge, sondern auf 2020 vorgezogen werde.
Doch nun, kurz bevor Österreich den Ratsvorsitz zum Jahreswechsel an Rumänien übergibt, rückt dieses Vorhaben in die Ferne. Am Donnerstag trafen sich zum letzten Mal die EU-Innenminister, um diesen Punkt vor dem EU-Gipfel in der kommenden Woche für die Staatsund Regierungschefs vorzubereiten. Da sich keine Einigung abzeichnete, stellte Österreichs Innenminister Herbert Kickl, der den Vorsitz führte, schließlich dem Vernehmen nach einen Kompromissvorschlag in den Raum: Der Frontex-Ausbau von derzeit rund 1500 auf 10.000 EU-Grenzschützer in Reserve solle nicht schon bis 2020 erfolgen, sondern erst bis 2027.
Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) sprach von 2025 als „machbar“. Jedenfalls sollten die Frontex-Beamten „so schnell wie irgend möglich“aufgestockt werden.
Wie immer der genaue Zeitplan aussehen wird: Die Reform des EUGrenzschutzes verzögert sich auf Jahre. Innenminister Kickl hatte bereits vor Sitzungsbeginn gemeint, die Vorgaben der Kommission „sprengen die Dimensionen des Machbaren“. Die Mitgliedsstaaten dürften nicht überfordert werden.
Zur Erinnerung: Es waren die EUStaaten, die auf dem Gipfel im Juni in Brüssel auf eine Stärkung des EUGrenzschutzes gedrängt haben. Szenen wie 2015, als Flüchtlinge und Migranten die EU-Grenzen teilweise unkontrolliert überqueren konnten, sollten sich nicht wiederholen. Die EU-Kommission hatte daraufhin vorgeschlagen, dass Frontex bereits bis ins Jahr 2020 von derzeit rund 1500 Reservisten auf 10.000 aufgestockt werden sollte, die im Krisenfall an die Außengrenzen beordert werden können. Zudem sollten die Kompetenzen von Frontex erweitert werden.
Da begann der Widerstand von Ländern aufzuflammen, die ansonsten einen harten Kurs in der Flüchtlingspolitik steuern. Der Grund: EU-Grenzschutzbeamte sollten auch von der EU-Kommission gerufen werden können, wenn ein Land mit dem Schutz seiner Grenzen überfordert erscheint. „Söldner aus Brüssel“wären das, wetterte Ungarns Regierungschef Viktor Orbán. Auch Italien, Griechenland und Spanien lehnen einen Eingriff in ihre Souveränität ab.
Kleine Fortschritte haben Innenminister Kickl und seine Kollegen doch noch erzielt: Sie beschlossen, dass Frontex gemeinsame Einsätze mit Drittstaaten – etwa aus Afrika – machen und an Abschiebungen mitwirken können soll.
Die große Verstärkung des Außengrenzschutzes, den die Staatsund Regierungschefs im Juni versprochen haben, ist das nicht. Solange es diesen nicht gebe, müssten auch die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich bestehen bleiben. Das jedenfalls kündigte Deutschlands Innenminister Horst Seehofer an.
Seehofer: Dann bleiben die Grenzkontrollen