Er bleibt für immer Lichtgestalt
Die kulinarische Zeitrechnung Österreichs lautet „vor und nach Karl Eschlböck“. Nach seinem Tod ist sein Erbe wichtiger denn je.
Vor dem Jüngsten Gericht hatte er nie Angst. Auf das letzte Gericht war er gespannt. Das erzählte Karl Eschlböck nach Beendigung seiner letzten Produktion für die „Salzburger Nachrichten“. Das war Ende April dieses Jahres, als er gemeinsam mit Koch Emanuel Weyringer und Architekt Robert Wimmer die Arbeitsweise des Architekten Le Corbusier in ein Gericht umgesetzt hat. Der Krebs hatte Eschlböck damals schon stark zugesetzt. Neun Monate später nahm der 78-Jährige sein letztes Gericht im Kreis seiner Familie in SalzburgAigen zu sich. Es war ein Frühstück am Morgen des 8. Dezember.
Die Nachricht verbreitete sich unter Köchen wie ein Lauffeuer. Die SN sprachen mit einigen: „Ohne ihn wäre ich nicht Koch geworden“, sagte Sepp Schellhorn. „Er hat die kulinarische Wüste Österreichs der 1970er-Jahre begrünt. Damals gab es ja nur Toast Hawaii.“Was Eschlböck so besonders gemacht hat? Schellhorn beschreibt das so: „Er hat normale Gerichte gekocht. Aber sie schmeckten unvergleichlich gut. Ich habe das beste Reisfleisch meines Lebens bei ihm gegessen. Das habe ich ihm auch gesagt. Er meinte damals nur, das wisse er eh. Eschlböck impfte unserem Berufsstand erstmals Selbstbewusstsein ein.“
Geschockt reagierte am Samstag Walter Eselböck. „Karl Eschlböck war ein Intellektueller“, war seine erste Reaktion. „Er war einer, dessen Persönlichkeit wohl auch zu groß für das Ego der Tester und selbst ernannten Gourmets war.“Denn wach geküsst sei das kulinarische Österreich nicht vom Gault Millau geworden, sondern von Eschlböck: „Die Gourmetführer sollten sich merken: Die Kunst machen die Künstler – und nicht die Galeristen.“Womit Eselböck darauf anspielt, dass Eschlböck sich im Unfrieden vom Gourmet-Geschäft getrennt hat. Den SN sagte er einmal: „Es mag sein, dass der Gast König ist. Das heißt aber nicht, dass der Koch Sklave sein muss.“
Das unterstreicht auch Julian Grössinger: „Eschlböck war unter Köchen auch als Gast dafür bekannt, dass er das Trinkgeld für die Küche immer am Küchen-Pass ablegte, weil sonst der Service alles behalten hätte.“Auch Rudi Obauer hielt am Samstag nach der traurigen Botschaft ein paar Sekunden den Atem an. Dann sagte er: „Alle sind wir zu ihm gefahren, um zu lernen. Ich erinnere mich noch an sein Kalbsfilet. Das war gedämpft. Wir kannten das damals nicht. Dieses zarte weiße Fleisch, dazu nur Tomaten, Basilikum und Oregano. Himmlisch!“Grössinger wiederum ergänzte, „zur selben Zeit wurden vom Gault Millau in Österreich noch Wurstplatten und trockene Cevapcici besprochen. Man erzählte sich, dass Eschlböck auch weißen Spargel in Kleiderkoffern über die Grenze schmuggelte. Den kannten die Österreicher damals nicht.“
Johanna und Dietmar Maier rühmen noch immer Eschlböcks Kalbsrahmbeuschel: „Er hat uns damals allen gezeigt, was möglich ist“, schwärmen die beiden.
„Wir weihen ihm nicht nur heute einige Herzschläge stillen Gedenkens“, sagte Schellhorn am Samstag betroffen. Sein Kollege Eselböck fügte hinzu: „Denn er hat unseren kulinarischen Geist erhellt und unsere Herzen für unseren Beruf erwärmt.“