Die Mafia ist um 37,7 Millionen Euro ärmer
Das Schwarzgeld war vor allem in Wohnungen in Innsbruck und Wien, Wertpapierkonten und Privatstiftungen geparkt.
WIEN. Das Böse ist immer und überall. So lautet ein Songtext der österreichischen Popgruppe Erste Allgemeine Verunsicherung. Wie recht die Band mit dieser Aussage hatte, wurde gestern, Dienstag, wieder einmal deutlich. Die Polizei gab bekannt, dass sie 37,7 Millionen Euro beschlagnahmt habe, die die italienische Mafia in Österreich weißwaschen wollen habe. Konkret die Cosa Nostra und die ’Ndrangheta.
Der Ausgangspunkt der Ermittlungen lag in Italien, bei der Staatsanwaltschaft von Reggio di Calabria. In Italien waren aber nicht nur Behörden aus Sizilien und Kalabrien involviert, sondern auch die Staatsanwaltschaft von Bari in Apulien sowie jene in Rom. Mitte November erhielt Österreich von dort ein Rechtshilfeersuchen wegen des Verdachts der Geldwäsche. Daraufhin wurden durch die österreichische Justiz vier Wohnungen in Wien und Innsbruck sowie Konten mit einer Einlage von 1,8 Millionen Euro sichergestellt.
„Wir haben weiterermittelt und weitere Gelder entdeckt“, sagt der Chef der Ermittlungsabteilung im Bundeskriminalamt (BK), Andreas Holzer. Dies meldeten die Österreicher an ihre italienischen Kollegen, daraufhin erging ein weiteres Rechtshilfeersuchen. Der Zeitdruck war groß: Nachdem die ersten Gelder konfisziert waren, versuchten die Kriminellen, ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. In einer ersten Tranche sollten fünf Millionen Euro behoben werden. Die Österreicher froren daraufhin die verdächtigen Konten ein – das sei zunächst jeweils nur für eineinhalb Tage möglich, sagt Holzer. In Österreich waren vor allem die BK-Gruppe zur Bekämpfung der italienischen Mafia und die Geldwäsche-Meldestelle an den Ermittlungen beteiligt.
„Die 37,7 Millionen Euro sind die größte jemals in Österreich sichergestellte Summe an Mafiageldern“, erklärt Holzer. Der Betrag war in vier Privatstiftungen, die Italienern gehören, einer Firma, diversen Wertpapierkonten und den vier Immobilien in Tirol und Innsbruck angelegt.
Das Geld stammt vor allem aus illegalem Glücksspiel sowie Betrug etwa im Versicherungsbereich und Erpressungen. Einige der in Italien Beschuldigten waren zuvor im Wett- und Glücksspielsektor in Österreich tätig. Im Hintergrund, sagt Holzer, ziehe unter anderem eine riesige Wettfirma die Fäden, insgesamt stünden einige der „ganz großen Clans“in Italien hinter den Geldwäschegeschäften in Österreich. Das Land werde von den Mafiosi als „Rückzugsort“gesehen.
Der Fall steht im Zusammenhang mit Razzien gegen die Wettmafia, bei denen Mitte November 68 Verdächtige – prominente Mitglieder der Mafia im Süden Italiens sowie Unternehmer und Strohmänner – in ganz Europa festgenommen worden waren. Damals wurden Konten und Immobilien im Wert von mehr als einer Milliarde Euro konfisziert. Den Beschuldigten werden unter anderem Geldwäsche, illegale Online-Wetten und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Damals waren die ersten Gerüchte aufgetaucht, dass die Mafia auch in Österreich aktiv sei.
Die 37,7 Millionen Euro, die beschlagnahmt wurden, bekommt zum Großteil der italienische Staat. In Österreich landet Geld, das sichergestellt wird, ebenfalls beim Staat. Es gibt einen genauen Aufteilungsschlüssel: Ein Teil des Geldes kommt ins Budget der Einsatzeinheit, die an der Aufklärung des Verbrechens federführend beteiligt war. Das Innenministerium, das Bundeskriminalamt und das Finanzministerium sind weitere Profiteure. Dies gilt nur, wenn nicht herausgefunden werden kann, woher das Geld konkret stammt. Die Beute aus einem Einbruch wird natürlich dem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Stammt das Geld allerdings aus der organisierten Kriminalität, ist das oft nicht mehr möglich.
„Die großen Clans stehen dahinter.“Andreas Holzer, Bundeskriminalamt