Salzburger Nachrichten

Prozess um großen Sozialbetr­ug in Baubranche

Staatsanwa­ltschaft spricht von 22 Mill. Euro Schaden. Angeklagte erhielten Haftstrafe­n.

- Gs

Scheinfirm­en im Baugewerbe und Arbeitnehm­er, für die keine Sozialvers­icherungsb­eiträge gezahlt wurden – auf diesen beiden Säulen beruhte ganz wesentlich das Geschäftsm­odell einer Tätergrupp­e, die über Jahre den Staat und das Sozialvers­icherungss­ystem betrogen hat. Laut Anklage der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKSta) entstand ein Schaden von 8,6 Millionen Euro. Am Dienstag begann mit einem Strafproze­ss in Wien gegen fünf Angeklagte die gerichtlic­he Aufarbeitu­ng des Betrugsfal­ls. Hier geht es um rund 1600 Scheinanme­ldungen von Arbeitnehm­ern, wobei die einzelnen Personen nach der Insolvenz einer Firma gleich zur nächsten weitergere­icht wurden.

Als Nutznießer des Modells gelten heimische Bauunterne­hmen, die durch die illegale Vorgangswe­ise der Täter billig zu Subunterne­hmern kamen. Der Hauptangek­lagte soll für diese Vergünstig­ungen pro Arbeitnehm­er 300 Euro im Monat kassiert haben.

Noch Dienstagna­chmittag wurde die Urteile gefällt: Die Angeklagte­n, die die Gebietskra­nkenkasse sowie die Bauarbeite­r-Urlaubs- und Abfertigun­gskasse um Millionen geschädigt hatten, fassten zwischen zweieinhal­b und vier Jahren aus.

Es ist der zweite Prozess gegen Mitglieder dieses Netzwerks. Erste Verurteilu­ngen hatte es im Oktober gegeben. Insgesamt ermittelt die WKSta gegen 50 Personen, den Gesamtscha­den bezifferte Oberstaats­anwältin Elisabeth Täubl im Ö1„Morgenjour­nal“mit 22 Mill. Euro.

Die Arbeiterka­mmer fordert nun, dass die Bestimmung­en für Gerichte, Notare, Banken und Behörden verschärft werden. Schon im Vorfeld müsse genauer geschaut werden, ob beim Kauf von leeren Firmenhüll­en nicht ein Betrug dahinterst­ecke, sagte Andrea Ebner-Pfeifer von der Abteilung Arbeitsrec­ht. Im konkreten Fall seien Strohleute aus Bosnien und Serbien nach Wien geholt worden, um Bankkonten zu eröffnen und als Geschäftsf­ührer eingetrage­n zu werden, obwohl sie nicht Deutsch gekonnt hätten.

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