Satire auf Türken: Nikolaus rudert zurück
Der Auftritt eines Nikolaus, dessen Sprüche türkische Gefühle verletzt haben sollen, sorgt im Gasteiner Tal weiter für Diskussionen.
BAD GASTEIN. Ein Video, aufgenommen bei einem Nikolausauftritt in Bad Gastein, sorgte vor allem im Internet auf sozialen Foren für eine Welle der Entrüstung. Es zeigt Christian Oberthaler als Nikolaus, der darauf hinwies, dass der Bischof Nikolaus ursprünglich aus dem heutigen Anatolien stammte und er also ein Türkischmann sei.
In weiterer Folge nannte er einige türkische Vornamen und versuchte in einem „deutsch-türkischen“Kauderwelsch so etwas wie Satire, wie er später (siehe Interview rechts) erklärte. Im Netz folgte ein Sturm der Empörung und der Vorwurf des Rassismus.
Doch wie sehen es die Menschen im Gasteiner Tal? „Versteht ein Wiener unser Brauchtum im Gasteiner Tal?“Das fragte Heinz Bergner, Inhaber des Café Bergamo. „Mein Großvater hatte einen Reisepass aus Rumänien, mein Vater war Engländer, meine Mutter ist Pinzgauerin. Wir haben mit Kulturen hier kein Problem.“Die zahlreichen Gäste nickten zustimmend. Es sei guter Brauch, dass der Nikolaus auf Besonderheiten oder Verfehlungen von Mitbürgern hinweise, freilich ohne dabei verletzend zu sein.
Einzig Rainer Hangler, der Pfarrer des Gasteiner Tals, sieht derartige Botschaften kritisch: „Ich kenne das Ganze nur aus der Zeitung. Prinzipiell sollte die Botschaft eines Nikolaus eine andere sein. Eine Satire gehört für mich auf eine Bühne.“
Der 35-jährige Fatih Uslu ist besonders prädestiniert, über verletzte Gefühle auf der einen Seite und Brauchtumsgedanken auf der anderen Seite zu sprechen. Der türkischstämmige Gasteiner, der in Schwarzach zur Welt gekommen ist, betreibt das Eisstockstüberl am Ortsrand von Bad Gastein: „Wer mit diesem Brauchtum noch nie etwas zu tun hatte, tut sich natürlich schwer. Ich selbst bin schon seit 17 Jahre bei den Krampussen. Aber für mich ist das auch ein sehr heikles Thema, obwohl ich multikulti bin. Ich verstehe, dass diese Sprüche vom Nikolaus in die Hose gegangen sind, weil eben türkische Namen genannt worden sind und die Betroffenen mit dem Brauchtum nichts zu tun haben und es so nicht verstehen.“
Fatih Uslu bestätigte auch, dass üblicherweise unterschiedlichste Mitbürger humorvoll kritisiert werden – sei es ein Polizist, ein Straßenkehrer oder ein Gastwirt. Das sei halt der Brauch. Aber zur Kramperlzeit sei das oberste Gebot, von Haus zu Haus zu den Kindern zu gehen, wobei natürlich Kinder vom Nikolaus auch ermahnt würden, wenn sie beispielsweise aufs Zähneputzen vergessen oder die Hausaufgaben nicht machten. „Da werden sie vom Nikolaus getadelt. Aber zum Schluss ist die Botschaft des Nikolaus eine besänftigende und positive“, sagt Uslu.
Auf das Video angesprochen, das im Internet für so viel Aufregung sorgte, meinte der Gastwirt: „Heute wird überall und alles mit dem Handy aufgenommen und
veröffentlicht. Wenn man aber nicht persönlich dabei war, kann man das sicher falsch auffassen. Das passt nicht. Das bekommt eine Dynamik. Was ich absolut nicht akzeptiere, ist, dass Wiener, Oberösterreicher und Salzburger in Netz unter der Gürtellinie hussen und von unserem Brauchtum keine Ahnung haben.“
Am späten Dienstagnachmittag sprachen sich Christian Oberthaler und Fatih Uslu nochmals zusammen.
Christian Oberthaler entschuldigte sich indes in einem Facebook-Video für seinen umstrittenen Nikolaus-Auftritt. „Es war und ist nicht meine Absicht, irgendjemanden zu beleidigen“, sagt der Bad Gasteiner in dem Videoclip. Er sei weder ein Nazi noch ein Rassist. Hautfarbe und Herkunft eines Menschen seien ihm „wurscht“. Oberthaler will im Sommer ein Versöhnungsfest veranstalten.