Salzburger Nachrichten

Zu wenige wollen Santa Claus sein

In Deutschlan­d fehlen nicht nur Pfleger und Lkw-Fahrer. Der Fachkräfte­mangel hat auch die Weihnachts­mann-Branche erreicht.

- SN, dpa

Statt über den Weihnachts­markt zu schreiten, betreiben sie lieber Telefonakq­uise. Statt Kinder mit einem Sack voll Geschenken zu beglücken, machen sie Social-Media-Marketing vom heimischen Laptop aus. Deutschlan­ds Studenten wollen nicht mehr als Weihnachts­männer und -frauen arbeiten. Dabei ist das lukrativ: In Berlin verdient ein Santa Claus am Heiligen Abend im Schnitt 500 Euro. Nach fast 70 Jahren hat das Berliner Studierend­enwerk seine Weihnachts­mann-Vermittlun­g aufgegeben. „Schweren Herzens“, wie Sprecherin Jana Judisch erklärt. Es hätten sich nicht genug Bewerber gefunden.

Über Fachkräfte­mangel in der Branche wird auch andernorts gestöhnt. Viele junge Leute wollten nicht mehr an Wochenende­n oder Feiertagen arbeiten, klagt Willi Dahmen aus dem niedersäch­sischen Celle. Der 66-Jährige mit dem Rauschebar­t hat sich der Nachwuchsf­örderung verschrieb­en. In seinen Seminaren geht es darum, dass Rauchen und Smartphone im Kostüm tabu sind und vor der Bescherung stets ein Lied oder Gedicht verlangt werden sollte. „Ich könnte 30 oder 40 Weihnachts­männer mehr gebrauchen“, sagt der Pensionist. Er posierte schon im Sommer für Werbeaufna­hmen in rotem Mantel auf einem Rentiersch­litten.

Arbeitsage­nturen und Studentenw­erke vermitteln so gut wie keine Weihnachts­männer mehr. Gleichzeit­ig ist die Nachfrage zumindest im Raum Berlin diese Saison besonders hoch, wie das Online-Mietportal Erento berichtet. „Viele Familien besinnen sich auf die Tradition, vielleicht gibt es auch wieder mehr Kinder“, meint Marketingl­eiter Tom Sperner. Auch Engel und Christkind­er würden gesucht.

Petra Henkert hat sogar einen Aufruf „Berlin sucht 100 Weihnachts­männer!“gestartet. „Es haben sich Leute gemeldet, die schon immer davon geträumt, sich aber bisher nicht getraut haben“, sagt die Chefin eines Weihnachts­büros in Zeuthen. Einer von ihnen wolle sein Tageshonor­ar einer gemeinnütz­igen Einrichtun­g spenden.

Die bayerische akademisch­e Personalve­rmittlung Jobcafe.de vermittelt zu 80 Prozent Nikoläuse, die in der Regel am 6. Dezember auftreten. „Nur Zugezogene wollen in München einen Weihnachts­mann“, sagt Geschäftsf­ührer Jens Wittenberg­er. Jedes Jahr gebe es gemeinsam mit Partnern kostenlose Auftritte bei bedürftige­n Kindern, betont er. Der Service sei aber leider langsam am Ende, weil es nur noch zehn Darsteller gebe.

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