Ein sehr fragwürdiges Urteil. Nicht nur für Hinterbliebene
Natürlich ist jener Lenker, der alkoholisiert und unter Drogeneinfluss ins Auto stieg und eine Frau totfuhr, allein deshalb schwer gestraft, weil er weiß: Er hat ein Menschenleben auf dem Gewissen. Vermutlich wird ihm diese Tatsache ein Leben lang zu schaffen machen.
Ungeachtet dessen muss aber parallel dazu die Strafjustiz folgendes unmissverständliches Signal an die Gesellschaft senden: Die Tötung eines Menschen durch besonders grob fahrlässiges Handeln wird empfindlich sanktioniert. Mit der Umwandlung der ursprünglichen zwölfmonatigen Gefängnisstrafe in „nur“noch drei Monate unbedingt und neun Monate gänzlich auf Bewährung hat dies das Berufungsgericht nicht getan. Zur Erklärung: Der Strafrahmen im konkreten Fall liegt bei bis zu 36 Monaten Gefängnis. Versucht man, sich in die Gedanken der Hinterblieben zu versetzen, so erscheint die Abmilderung der Strafe fast schon als Hohn: Der jetzige unbedingte Haftteil beträgt gerade einmal noch ein Viertel der ursprünglichen Strafe.
Schon richtig: In unserem Rechtssystem geht es nicht um Rache. Zu Recht. Und es ist bekannt, dass das Gefängnis kein Allheilmittel ist, sondern Täter manchmal sogar tiefer in die Kriminalität führt. Schon richtig: Urteile wirken nach außen kaum abschreckend. Allerdings sollten sie den Eindruck erwecken, dass sie derart verheerenden Folgen einer Tat zumindest einigermaßen gerecht werden.