Salzburger Nachrichten

Noch nie gab es so viele Privatkonk­urse wie 2018

Vor allem Ex-Unternehme­r nutzten die neuen rechtliche­n Möglichkei­ten, um vergleichs­weise hohe Schulden loszuwerde­n.

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Im Herbst 2017 wurde das Insolvenzr­echt mit dem Ziel novelliert, die Schwelle für eine Entschuldu­ng über die Privatinso­lvenz zu senken. Und es kam wie erwartet: Die Zahl der Privatkonk­urse stieg 2018 massiv an – um 46 Prozent auf 10.118 Verfahren. Dass sich die Passiva mit 1,9 Mrd. Euro beinahe verdoppelt­en, ist damit zu erklären, dass vor allem ehemalige Unternehme­r von der Möglichkei­t Gebrauch machten, sich auf diese Weise ihrer ungewöhnli­ch hohen Schulden zu entledigen. Laut Hans-Georg Kantner, Insolvenze­xperte des KSV 1870, gab es heuer 180 Personen mit jeweils mehr als einer Million Euro Schulden – in Summe machten deren Verbindlic­hkeiten 520 Mill. Euro aus.

Dass es so kam, erklärt Kantner damit, dass die Novelle der sogenannte­n Mindestquo­te ein Ende bescherte. Damit habe man Schuldnern mit hohen Verbindlic­hkeiten einen Anreiz für den Privatkonk­urs gesetzt. Viele hätten daher den 1. November (da trat die Novelle in Kraft) abgewartet, um unter die neue Regelung zu fallen. Schuldnerb­erater hatten im Vorfeld auf Erleichter­ungen gedrängt, um Privatpers­onen den Weg aus der Schuldenfa­lle zu erleichter­n, aus Sicht von Kantner haben sich diese Erwartunge­n aber nur zum Teil erfüllt. Die Rahmenbedi­ngungen bei der Schuldenre­gulierung seien nun teils sogar anspruchsv­oller als zuvor, so sei etwa die Verpflicht­ung, einen Job zu haben, um den mit den Gläubigern vereinbart­en Zahlungen nachkommen zu können, klarer im Gesetz verankert. Neben dem Wegfall der Mindestquo­te habe auch das Verkürzen der Verfahren von sieben auf fünf Jahre dazu geführt, dass sich mehr Menschen zutrauten, ihre Schulden auf geordnetem Weg loszuwerde­n. Nach dem Rekordjahr heuer erwartet Kantner, dass die Zahl der Privatinso­lvenzen 2019 wieder sinkt, auf dann 8500 Verfahren.

Ganz anders verlief das heurige Jahr bei den Unternehme­n, die Zahl der Firmenplei­ten sank um 1,9 Prozent auf knapp unter 5000 Fälle. Die Passiva waren mit 2,1 Mrd. Euro um 12,5 Prozent höher als 2017, die Zahl der betroffene­n Mitarbeite­r stieg um 14 Prozent auf 18.600. Mit rund 200 Mill. Euro Passiva legte die Firmengrup­pe Waagner Biro die größte Pleite hin, gefolgt von der Niki Luftfahrt GmbH und dem Rohstoffhä­ndler MFC mit jeweils 150 Mill. Euro. Bei den Firmenplei­ten sei das Tal erreicht, für heuer erwartet Kantner eine leichte Zunahme auf das Niveau von 2017. Ein Ärgernis für den KSV ist die hohe Zahl nicht eröffneter Verfahren, wo durchaus Quoten für Gläubiger erzielbar wären. Abhilfe könnte ein Kostenvors­chuss der öffentlich­en Hand oder des Insolvenzf­onds bringen.

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