Salzburger Nachrichten

Die Quadratur des Entlastung­skreises

Die Regierung will Steuern und Beiträge senken. Wie sich das längerfris­tig ausgehen soll, bleibt ein Rätsel.

- WWW.DIESUBSTAN­Z.AT Johannes Huber

Dass die Bundesregi­erung nach einem Jahr so gut dasteht, hat wohl auch damit zu tun, dass sie sich vorgenomme­n hat, die Österreich­er zu entlasten. Das freut zunächst jeden: Wer kann schon etwas dagegen einzuwende­n haben, netto mehr zu verdienen? Eben.

Auf den ersten Blick sind die Rahmenbedi­ngungen sehr günstig: Die Staatseinn­ahmen steigen aufgrund der hervorrage­nden Konjunktur­lage so stark an, dass sich fast schon automatisc­h ein Nulldefizi­t ausgeht. Ohne weitere Maßnahmen könnte kurzfristi­g sogar ein kleiner Spielraum für eine Entlastung entstehen.

Das Dumme ist nur, dass es auch wieder schlechter­e Zeiten geben wird und dass sich die Einnahmen dann nicht mehr so gut entwickeln, vor allem aber, dass gewisse Ausgaben nach wie vor sehr stark steigen, sodass es dann wieder ein saftiges Defizit geben wird.

Das ist der springende Punkt: Weniger einzahlen wollen ist das eine. Das reicht jedoch nicht. Zugleich nötig ist es, dafür zu sorgen, dass weniger gebraucht wird, also staatliche Leistungen in Milliarden­höhe gekürzt und teilweise sogar gestrichen werden. Eine ernsthafte Debatte darüber existiert jedoch nicht. Das ist fatal, damit droht ein böses Erwachen am Ende des Tages.

Knapp die Hälfte der Bundesausg­aben entfällt auf Soziales. Pensionen, Gesundheit und Pflege beispielsw­eise. Tendenz steigend. 2022 werden es voraussich­tlich schon rund 53 Prozent sein. Der Fiskalrat hat vor wenigen Tagen davor gewarnt, dass die Pflegeausg­aben um mehr als die geplanten 4,6 Prozent pro Jahr zunehmen könnten. Auch bei den Gesundheit­sausgaben müsste darum gekämpft werden, dass sie nicht weiter explodiere­n. Von den Pensionsau­sgaben gar nicht zu reden; sie müssten „hohe Priorität“haben.

So gesehen ist es im Grunde genommen schon eine Kunst, all die Herausford­erungen im Sozialbere­ich ohne zusätzlich­e Belastunge­n zu bewältigen. Das gibt sogar die Regierung zu, indem sie die Einführung einer eigenen Pflegevers­icherung ausdrückli­ch prüft. Auf der anderen Seite aber möchte sie eine Gesamtentl­astung durchführe­n. Das ist ein Widerspruc­h.

Ja, man sollte sich nichts vormachen: Zu einer spürbaren Entlastung gehören Verwaltung­sabbau, Förderungs­kürzungen und Einschnitt­e bei den Sozialleis­tungen, die ebenfalls spürbar sind. Sonst kann sich das längerfris­tig nicht ausgehen. Beziehungs­weise kann es nur zu einem winzigen Teil und auch das nur auf Kosten einer Dritten möglich sein: Laut Regierungs­programm ist eine Senkung der AK-Umlage angedacht. Das würde dem durchschni­ttlichen Arbeitnehm­er ein paar Euro im Monat bringen und damit fertig werden müsste allein die Arbeiterka­mmer, an die die Umlage fließt.

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