Die Quadratur des Entlastungskreises
Die Regierung will Steuern und Beiträge senken. Wie sich das längerfristig ausgehen soll, bleibt ein Rätsel.
Dass die Bundesregierung nach einem Jahr so gut dasteht, hat wohl auch damit zu tun, dass sie sich vorgenommen hat, die Österreicher zu entlasten. Das freut zunächst jeden: Wer kann schon etwas dagegen einzuwenden haben, netto mehr zu verdienen? Eben.
Auf den ersten Blick sind die Rahmenbedingungen sehr günstig: Die Staatseinnahmen steigen aufgrund der hervorragenden Konjunkturlage so stark an, dass sich fast schon automatisch ein Nulldefizit ausgeht. Ohne weitere Maßnahmen könnte kurzfristig sogar ein kleiner Spielraum für eine Entlastung entstehen.
Das Dumme ist nur, dass es auch wieder schlechtere Zeiten geben wird und dass sich die Einnahmen dann nicht mehr so gut entwickeln, vor allem aber, dass gewisse Ausgaben nach wie vor sehr stark steigen, sodass es dann wieder ein saftiges Defizit geben wird.
Das ist der springende Punkt: Weniger einzahlen wollen ist das eine. Das reicht jedoch nicht. Zugleich nötig ist es, dafür zu sorgen, dass weniger gebraucht wird, also staatliche Leistungen in Milliardenhöhe gekürzt und teilweise sogar gestrichen werden. Eine ernsthafte Debatte darüber existiert jedoch nicht. Das ist fatal, damit droht ein böses Erwachen am Ende des Tages.
Knapp die Hälfte der Bundesausgaben entfällt auf Soziales. Pensionen, Gesundheit und Pflege beispielsweise. Tendenz steigend. 2022 werden es voraussichtlich schon rund 53 Prozent sein. Der Fiskalrat hat vor wenigen Tagen davor gewarnt, dass die Pflegeausgaben um mehr als die geplanten 4,6 Prozent pro Jahr zunehmen könnten. Auch bei den Gesundheitsausgaben müsste darum gekämpft werden, dass sie nicht weiter explodieren. Von den Pensionsausgaben gar nicht zu reden; sie müssten „hohe Priorität“haben.
So gesehen ist es im Grunde genommen schon eine Kunst, all die Herausforderungen im Sozialbereich ohne zusätzliche Belastungen zu bewältigen. Das gibt sogar die Regierung zu, indem sie die Einführung einer eigenen Pflegeversicherung ausdrücklich prüft. Auf der anderen Seite aber möchte sie eine Gesamtentlastung durchführen. Das ist ein Widerspruch.
Ja, man sollte sich nichts vormachen: Zu einer spürbaren Entlastung gehören Verwaltungsabbau, Förderungskürzungen und Einschnitte bei den Sozialleistungen, die ebenfalls spürbar sind. Sonst kann sich das längerfristig nicht ausgehen. Beziehungsweise kann es nur zu einem winzigen Teil und auch das nur auf Kosten einer Dritten möglich sein: Laut Regierungsprogramm ist eine Senkung der AK-Umlage angedacht. Das würde dem durchschnittlichen Arbeitnehmer ein paar Euro im Monat bringen und damit fertig werden müsste allein die Arbeiterkammer, an die die Umlage fließt.