Die Meistersinger von Salzburg beweisen 2019 „Chorage“
Der Salzburger Bachchor wagt sich an eine eigene Konzertreihe und reist bis nach Istanbul.
Zarte Klangfarbmischungen aus der Feder von Claude Debussy, die rhythmisch und harmonisch verwinkelten „Chichester Psalms“von Leonard Bernstein und die archaischen Klänge aus dem „Te Deum“des gewissermaßen „alltonalen“Salzburgers Josef Friedrich Doppelbauer: Der Salzburger Bachchor fühlt sich in vielen Klangwelten wohl, wie das Gastspiel am Donnerstag im Großen Saal der Stiftung Mozarteum bewies. „Nicht viele Chöre verfügen über eine solche Bandbreite“, sagt Alois Glaßner. Rund um Komponisten mit Geburtsoder Sterbedatum 1918 formte der Chorleiter ein abwechslungsreiches Programm. Vor allem aber zeigen die nur rudimentär instrumental unterstützten A-cappellaWerke, welch hohe Qualität der Bachchor mittlerweile erreicht hat.
Im kommenden Jahr, dem 35. seines Bestehens, präsentiert sich der Chor öfter als bisher als Hauptdarsteller: Für die neue Konzertreihe „Chorage“treten die Sänger an ungewohnten Orten auf, wie Salzburg Museum, Christuskirche und Kollegienkirche. „Wir wollen spezielle Konzertformate umsetzen“, sagt Geschäftsführer Gregor Faistauer. Und man wolle den Sängern mehr Auftrittsmöglichkeiten bieten. Bei der Salzburger Mozartwoche gestaltet der Bachchor die szenische Produktion „T.H.A.M.O.S“sowie zwei Konzerte, bei den Osterfestspielen Salzburg ist man an Wagners „Meistersingern von Nürnberg“beteiligt, bei den Pfingstfestspielen tritt man in Händels „Alcina“mit Cecilia Bartoli auf. Dazu stellt auch Stadt-Kulturreferent Bernhard Auinger (SPÖ) fest: „Der Bachchor spielt im Salzburger Kulturleben eine zentrale Rolle.“Die Stadt hat dem Bachchor im künftigen Nutzkonzept der Rauchmühle in Salzburg-Lehen einen zeitgemäßen Proberaum zugewiesen.
Dass in den szenischen Produktionen des Salzburger Festspielsommers Chöre aus Wien und Berlin den Vorzug erhalten und der Bachchor sich mit einer Wiederaufnahme begnügen muss, nehmen die Verantwortlichen zur Kenntnis. „Salzburg tut sich schwer, die heimische Exzellenz zu würdigen“, sagt Chorleiter Alois Glaßner. Die Reisetätigkeit nimmt hingegen zu. Gastspiele führen die Sänger 2019 nach Istanbul, zum Brucknerfest Linz und zum Mozartfest Würzburg. In Bregenz wird ein Achttausender des Genres gestemmt: Mahlers monumentale Achte. Dann wächst der Kern von knapp fünfzig Sängern auf bis zu 150 Stimmen an.
Von der „Sinfonie der Tausend“ist der schlanke A-cappella-Klang im Stiftungskonzert am Donnerstag weit entfernt. Wenn Leonard Bernsteins Welthit „Somewhere“in zartem Pianissimo verklingt, dann strahlt der Bachchor aus sich selbst – als außergewöhnliches, eigenständiges Kollektiv der Stimmen.