Wenn Scheitern keine Option ist, ist es schon programmiert
Für mehr Gründungen von Unternehmen braucht es eine Kultur des Scheiterns. Stimmt, aber man muss auch selbst dazu bereit sein.
Ein Manager, gefragt nach den nur zähen Fortschritten bei einer geplanten Kooperation mit einem Finanzpartner, sagte vor einem Monat den Satz: „Für mich ist Scheitern keine Option.“Zwei Wochen später war der schöne Plan einer Zusammenarbeit Makulatur. So kann es gehen. Nicht alles, was man plant, lässt sich in die Realität umsetzen. Das ist noch kein Malheur, das Leben geht weiter. Es zeigt aber, wie vorsichtig man mit derlei Ansagen sein sollte.
Der Satz „Für mich ist Scheitern keine Option“soll eigentlich Stärke und Entschlossenheit ausdrücken. Man will das Signal senden, genau zu wissen, was man tut, und dass man bereit ist, eine gute Entscheidung gegen alle Widerstände durchzuziehen. Tatsächlich vermittelt jemand, der sich derart absolut äußert, den Eindruck größter Verzweiflung. Er klammert sich an die vermeintlich letzte Option, statt sich andere Möglichkeiten offenzuhalten. Wird aus dieser nichts, dann wird es finster.
Richtete sich ein Kleinkind nach dieser Devise, es würde nie gehen lernen. Weil es aber seinem Instinkt folgt, klappt es doch mit dem Aufstehen. Und nach vielen Umfallern lernt es, stehen zu bleiben. In Unternehmen und vielen leitenden Managern scheint der Instinkt für das Richtige vielfach abhanden gekommen zu sein. Das Gegenargument ist rasch zur Hand. In der Wirtschaft sollten Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus, sondern auf Basis von Fakten so rational wie möglich getroffen werden. Stimmt, aber ein Garant für den Erfolg ist das noch nicht, oft ist das Gegenteil der Fall.
Wer nicht scheitern will, der ist dazu verdammt, gar nichts ausprobieren zu können. Wer jeden Fehler vermeiden will, darf nichts wagen. Das ist eine fatale Einstellung, die schon dem Einzelnen viel Enttäuschung und wenige Erfolgserlebnisse einbringt. Aber in der Wirtschaft bedeutet es eine gefährliche Lähmung, wenn jemand aus Angst zu scheitern nichts unternimmt. Wenn es zu wenig Menschen gibt, die sich zutrauen, etwas auf die Beine zu stellen und andere dafür zu begeistern, dann fehlt es an der Dynamik, die jede Volkswirtschaft braucht – auch in Österreich.
Laut aktuellen Zahlen aus der Insolvenzstatistik des Kreditschutzverbandes 1870 gingen heuer in Österreich rund 5000 Firmen pleite. Das ist keine vernachlässigbare Größe und bedeutet sowohl für die gescheiterten Unternehmer als auch die betroffenen Arbeitnehmer harte finanzielle Einschnitte und persönliches Leid. Aber man muss dieser Zahl gegenüberstellen, dass im Durchschnitt sieben bis acht Mal so viele Unternehmen pro Jahr gegründet werden. Nicht alle überleben – eine gute Idee reicht oft nicht aus, um auf dem Markt Erfolg zu haben. Stellt sich der nicht ein, geht sehr schnell auch das Geld aus. Kommen noch Fehler hinzu, ist das Schicksal rasch besiegelt.
Man muss das Scheitern und Fehlermachen nicht zum obersten Prinzip erheben. Aber man soll ihm umgekehrt nicht das Etikett des völligen Versagens umhängen. Zu scheitern ist keine Schande. Viel schlimmer ist, es gar nicht versucht zu haben – aus Angst, die Sache, die man anpacken will, könnte schiefgehen.
Aufstehen. Hinfallen. Wieder aufstehen. Weitermachen. Stolpern. Aber vorankommen.