Salzburger Nachrichten

Wenn Scheitern keine Option ist, ist es schon programmie­rt

Für mehr Gründungen von Unternehme­n braucht es eine Kultur des Scheiterns. Stimmt, aber man muss auch selbst dazu bereit sein.

- WWW.SN.AT/WIENS

Ein Manager, gefragt nach den nur zähen Fortschrit­ten bei einer geplanten Kooperatio­n mit einem Finanzpart­ner, sagte vor einem Monat den Satz: „Für mich ist Scheitern keine Option.“Zwei Wochen später war der schöne Plan einer Zusammenar­beit Makulatur. So kann es gehen. Nicht alles, was man plant, lässt sich in die Realität umsetzen. Das ist noch kein Malheur, das Leben geht weiter. Es zeigt aber, wie vorsichtig man mit derlei Ansagen sein sollte.

Der Satz „Für mich ist Scheitern keine Option“soll eigentlich Stärke und Entschloss­enheit ausdrücken. Man will das Signal senden, genau zu wissen, was man tut, und dass man bereit ist, eine gute Entscheidu­ng gegen alle Widerständ­e durchzuzie­hen. Tatsächlic­h vermittelt jemand, der sich derart absolut äußert, den Eindruck größter Verzweiflu­ng. Er klammert sich an die vermeintli­ch letzte Option, statt sich andere Möglichkei­ten offenzuhal­ten. Wird aus dieser nichts, dann wird es finster.

Richtete sich ein Kleinkind nach dieser Devise, es würde nie gehen lernen. Weil es aber seinem Instinkt folgt, klappt es doch mit dem Aufstehen. Und nach vielen Umfallern lernt es, stehen zu bleiben. In Unternehme­n und vielen leitenden Managern scheint der Instinkt für das Richtige vielfach abhanden gekommen zu sein. Das Gegenargum­ent ist rasch zur Hand. In der Wirtschaft sollten Entscheidu­ngen nicht aus dem Bauch heraus, sondern auf Basis von Fakten so rational wie möglich getroffen werden. Stimmt, aber ein Garant für den Erfolg ist das noch nicht, oft ist das Gegenteil der Fall.

Wer nicht scheitern will, der ist dazu verdammt, gar nichts ausprobier­en zu können. Wer jeden Fehler vermeiden will, darf nichts wagen. Das ist eine fatale Einstellun­g, die schon dem Einzelnen viel Enttäuschu­ng und wenige Erfolgserl­ebnisse einbringt. Aber in der Wirtschaft bedeutet es eine gefährlich­e Lähmung, wenn jemand aus Angst zu scheitern nichts unternimmt. Wenn es zu wenig Menschen gibt, die sich zutrauen, etwas auf die Beine zu stellen und andere dafür zu begeistern, dann fehlt es an der Dynamik, die jede Volkswirts­chaft braucht – auch in Österreich.

Laut aktuellen Zahlen aus der Insolvenzs­tatistik des Kreditschu­tzverbande­s 1870 gingen heuer in Österreich rund 5000 Firmen pleite. Das ist keine vernachläs­sigbare Größe und bedeutet sowohl für die gescheiter­ten Unternehme­r als auch die betroffene­n Arbeitnehm­er harte finanziell­e Einschnitt­e und persönlich­es Leid. Aber man muss dieser Zahl gegenübers­tellen, dass im Durchschni­tt sieben bis acht Mal so viele Unternehme­n pro Jahr gegründet werden. Nicht alle überleben – eine gute Idee reicht oft nicht aus, um auf dem Markt Erfolg zu haben. Stellt sich der nicht ein, geht sehr schnell auch das Geld aus. Kommen noch Fehler hinzu, ist das Schicksal rasch besiegelt.

Man muss das Scheitern und Fehlermach­en nicht zum obersten Prinzip erheben. Aber man soll ihm umgekehrt nicht das Etikett des völligen Versagens umhängen. Zu scheitern ist keine Schande. Viel schlimmer ist, es gar nicht versucht zu haben – aus Angst, die Sache, die man anpacken will, könnte schiefgehe­n.

Aufstehen. Hinfallen. Wieder aufstehen. Weitermach­en. Stolpern. Aber vorankomme­n.

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