Salzburger Nachrichten

Die Eurozone will sich für die nächste Krise wappnen

Der EU-Gipfel hat den Finanzmini­stern grünes Licht gegeben, an einem Budget für die Eurozone zu arbeiten. Es bleibt aber umstritten. Ein Auffangnet­z für wirklich große Bankenplei­ten ist geknüpft.

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Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron war am Freitag bereits auf dem Weg nach Straßburg, um den Familien der Opfer und den Verletzten des Terroransc­hlags seine Anteilnahm­e auszudrück­en, als seine Kollegen beim EU-Gipfel in Brüssel noch eine seiner Kernforder­ungen diskutiert­en: ein spezielles Budget für die Eurozone.

Die Idee ist umstritten, obwohl Macrons Plan mittlerwei­le, nicht zuletzt auf Druck Deutschlan­ds, auf einen kleinen Geldtopf – innerhalb des nächsten langfristi­gen EUHaushalt­s von 2020 bis 2027 – eingedampf­t wurde. Der EU-Gipfel hat sich darauf verständig­t, dass die Finanzmini­ster bis Juni nächsten Jahres klären sollen, wie ein solches „Budgetinst­rument für Konvergenz und Wettbewerb­sfähigkeit“aussehen und bis wann es eingeführt werden könnte. Der Extratopf soll grundsätzl­ich dazu dienen, wirtschaft­liche Unterschie­de zwischen den Eurostaate­n zu verringern. Auf „freiwillig­er Basis“soll der Extratopf auch für Länder offen sein, die dem Euro noch nicht beigetrete­n, aber nahe dran sind. Das war eine Reaktion auf Kritik von Nichteurol­ändern, allen voran Polen. Die EUKommissi­on soll ihren Vorschlag für ein solches Stabilisie­rungseleme­nt „wenn notwendig“überarbeit­en, so die Gipfelerkl­ärung. Die Kommission hat dafür sowie für Heranführu­ngshilfen von NochNicht-Euroländer­n in Summe 50 Milliarden Euro vorgesehen.

Etliche Länder, darunter die Niederland­e und Österreich, sind weiter skeptisch. „Ich bin kein Freund des Eurozonen-Budgets“, sagte Kanzler Sebastian Kurz. „Es gibt ein Budget in der EU. Ich glaube nicht, dass es darüber hinaus notwendig ist, ein Eurozonen-Budget zu schaffen. Das würde die Steuerzahl­er nur sehr viel Geld kosten.“

Geeinigt haben sich die EU-Chefs auch auf eine kleine Reform des Rettungsfo­nds ESM. Wie von den Eurofinanz­ministern vor zehn Tagen ausverhand­elt, soll der Europäisch­e Stabilisie­rungsmecha­nismus künftig mit Kreditlini­en aushelfen können, bevor die Finanzieru­ng an den Märkten schwierig wird. Der ESM war auf dem Höhepunkt der Finanzkris­e geschaffen worden, um überschuld­eten Euroländer­n unter die Arme zu greifen. Das „vorbeugend­e Instrument“soll als „Versicheru­ngspolizze“funktionie­ren und wird an strenge – aus Sicht mancher Experten unerfüllba­re – Bedingunge­n geknüpft sein.

Der ESM soll außerdem künftig als finanziell­es Sicherungs­netz dienen, wenn Bankenplei­ten den Abwicklung­sfonds überforder­n.

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